Heinrich von Kleist: die Markise von A....
Folks,
Nachdem es zur Zeit eher ruhig ist im Forum komm ich mal wieder ausm Loch mit einem diy-tutorial. Naja, für ein tutorial hätte wohl eher ein Video auf youtube hochgeladen. Soll der Sache aber keinen Abbruch tun, mit ein bisschen handwerklichem Verständnis und Geschick ist die Sache recht einfach nach zu machen.
Es geht wieder einmal um Reparatur und Neu-Bezug eines Dachhimmels. Das Auto sei kurz vor der Fertigstellung, haben zuverlässige Quellen verlauten lassen, also wird es Zeit für mich. …ich meine fast, ich muss mir den April und Mai künftig für Reparatur-Arbeiten im Forum reservieren – letztes Jahr waren es die Räder vom Präsi:
http://www.renault5turbo.de/forum/fahrwerk-bremse-und-rader/restauration-gotti-5t-oder-die-zeche-bezahlen-oder-des-prasis-rader/Wie gesagt, Dachhimmel. Das typische Phänomen, vor allem am Turbo2, ist dass der Bezugsstoff mit der Zeit immer gechillter wird und irgendwann abhängt. Schön ist das nicht, zumal der verwendete Stoff rückseitig mit Schaumstoff kaschiert war und dieser im Laufe der Zeit deutlich an Kohäsion verliert. Der einstige Schaumstoff wird fest und ist von der Konsistenz eher in die Kategorie Bauschaum einzuordnen. Berühren wird mit Zersetzen quittiert, grundsätzlich nicht schön und in einem komplett überarbeiteten Auto nicht akzeptabel.
Genug des Vorgeplänkels, die Story zum Auto findet ihr hier:
http://www.renault5turbo.de/forum/turbos-und-umbauten/lang-genug-gewartet-(turbo-2)/Der Auftrag: Dachhimmel reparieren und schwarz beziehen. Unbedingte Originalitätsansprüche wie vom Präsi zu seinen Gottis geäusssert gabs nicht. Schwarz halt.
Die Ausgangsbasis sieht so schlecht zunächst nicht aus. Der Stoff ist bereits abgezogen. Oder einfach nicht mehr da weil komplett abgehangen. Der Ausbau des Karton-Trägers hat offensichtlich ganz gut funktioniert, nur kleinere Schadstellen sind entstanden. Allerdings hat sich, warum auch immer, die Verklebung des Rahmens gelöst.
Auf der Unterseite allerdings wird sichtbar, wie in den 1980er Jahren eine Telefon-Antenne im hinteren Bereich des Dachs eingebaut wurde. Der Himmel wurde von der Heckklappe nach vorne partiell abgezogen um mit Bohrer und Werkzeug ein Loch und später Antenne in die Dachhaut zu kriegen. Der Kartonträger es Himmels besteht bekanntermassen aus Wellkarton, dieser hat sich querzugsseitig zerlegt und ist flächig eingerissen:
Wie der Dachhimmel der ‚richtigen‘ Turbos ist auch der des Turbo2 geprägt. Diese werde ich nur bedingt nachformen können. Eine Idee hierzu habe ich bereits.
Im ersten Arbeitsschritt kratze bzw. schabe ich mit einem Kunststoff-Spatel die hart gewordene Schaumstoff-Kaschierung des alten Stoffs ab:
Was eine Sauerei! …aber anders als im Gotti-Threat soll sich der Spruch nicht durch diese Doku hier ziehen… .
Dann liegt er vor mir, so ganz nackt. Der Controller in mir ist begeistert von der Einfachheit des Aufbaus, absolute Herstellkosten-Optimierung: einfach Wellkarton, seitlich wie vorne und hinten nur hochgebogen und rückseitig mit Rahmen-Traversen verklebt. Der Freak in mir ist entsetzt! Eine Machart wie in einem 10 kDM (das war die Währung in Deutschland vor 2001)-Auto, völlig unpassend! Und, wie ich mich erinnere, auch um Welten einfach als in Godseys Turbo. Schlimm!
Jetzt geht’s los: zunächst verklebe ich die Antennen-Einbau-Aktion-Schadstelle vor der Heckklappe. Mein Lehrmeister würde mir jetzt übers Maul fahren: ich verwende wie schon bewährt Holzleim, also heisst es verleimen, nicht verkleben. Hier ist die Form schon wieder hergestellt:
Im nächsten Schritt wende ich mich der sich lösenden Front-Traverse zu. Spalt aufbiegen, Holzleim einbringen und niederdrücken. Mit der Pump-Sprühflasche trage ich etwas Wasser feinzerstäubt auf, damit sich der Karton einfacher legt. Anschliessend beschwere ich die Leimstellen.
Parallel dazu verstärke ich den hinteren Bereich. Zum Einsatz kommt handelsübliche Graupappe, in diesem Zug ein freundlicher Gruss an the Stig, der mit Rat und Karton zur Seite stand. Graupappe eignet sich dahingehend, dass sie keine Richtung hat und nicht gestrichen oder beschichtet ist. Bei vorsichtigem Formen knickt sie nicht und lässt sich mit etwas Wasser auch vorsichtig in Form bringen.
Ich schneide ein Reparaturstück zurecht, biege es entsprechend der Form, streiche es mit Holzleim ein und besprühe es ebenfalls mit Wasser.
Sieht wild aus, ist es auch
. Schwierig ist immer das pressen. Mit dem anfeuchten mit der Pump-Sprühflasche ist nicht ganz so viel Presswerkzeug nötig, da sich die Graupappe eben schon der Form des Himmels anschmiegt und sich der Kontakt zum Kartonträger -natürlich nur bedingt- von selbst ergibt.
Soweit vorerst zum Kartonträger. Der soll jetzt erst einmal trocknen. Ich widme mich einem Test, wie ich die Prägung des Bezugs herstelle. Die an Godseys Himmel haben wir durch eine zweite, in Form geschnittene Lage Schaumstoff hergestellt. Mit dem Effekt, dass der Himmel recht schwer und ziemlich ‚plüschig‘ war. Das muss besser gehen… der Plan: die Kaschierung des Stoffs wie eine Nut vom Stoff lösen. Ich probiere es am Stoff, den ich verbauen werde. Mit einem Cutter-Messer durchtrenne ich den Schaumstoff, parallel zum ersten Schnitt ein zweiter. Klar, die Befürchtung, den Stoff durchzuritzen besteht durchaus… aber es klappt:
Und sieht tatsächlich ganz gut aus, daraus lässt sich etwas machen:
Der Plan ist, die Prägung des Himmels mit solchen Nuten in der Kaschierung herzustellen. Soll heissen, der Stoff wird natürlich flächig verklebt aber vor allem in den Bereichen, in denen ich die Kaschierung entfernt habe, besonders mit dem Kartonträger zu verkleben. Müsste gehen. Unbedingte Voraussetzung ist halt, dass ich die sichtbare Stoffschicht nicht durchtrenne...
Btw: ich muss noch immer über den Titel ‚die Markise von A…‘ schmunzeln
. Für die Literatur-Verächter gibt’s die Auflösung hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Marquise_von_O....
To be continued.