Sonstiges => Labern => Thema gestartet von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:14:02 Nachmittag

Titel: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:14:02 Nachmittag
Toluol CH3

Wer kennt das nicht? Es riecht irgendwie angenehm und doch macht sich die Vermutung breit, dass es nicht so richtig gut für die Gesundheit sein könnte. Immer dann, wenn ich viel oder längere Zeit mit Lack, Kleber oder Verdünnung arbeite, kommt in mir ein Gefühl von, naja, ich nenne es einmal Gelassenheit auf. Eine Mischung aus Entspannung und Kopfweh trifft es wahrscheinlich besser. Grund dafür ist Toluol, das als Lösungsmittel in diesen chemischen Materialien verwendet wird. Chemisch gesehen ist Toluol ein aromatischer Kohlenwasserstoff, flüssig und farblos, dessen Eigenschaften dem giftigen Benzol ähneln. Toluol ist mehr oder weniger wasserunlöslich, ist dünner als Wasser, schmilzt bei -95° C und siedet bei 111° C und verbrennt mit gelber Flamme stark rußend.
Wird Toluol mit Nitriersäure (eine Mischung aus Salpeter- und Schwefelsäure) nitriert entsteht Trinitrotoluol, dessen durchschlagende Wirkung uns besser als TNT bekannt ist.  Tatsächlich ist TNT an sich bei Brand oder Hitze noch nicht einmal explosiv - erst durch eine Initialzündung oder gar eine Verstärkerladung kommt es zur Explosion. Aufgrund hoher Herstellungskosten wird TNT zumeist im militärischen Bereich, z.B. Granaten und Minen, verwendet.
Wir finden Toluol auch im Benzin wieder: obwohl es eigentlich eher reaktionsträge ist hat es die Eigenschaft, leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische zu bilden. So erhöht es die Klopffestigkeit des Benzins und wirkt dennoch nicht reaktions- bzw. explosionshemmend, wenn das Gemisch erst durch den Zündfunken gezündet wird. Eigentlich echt schlau!
Die Gefahrenhinweise von Toluol besagen Dinge wie Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar, tödliche Wirkung bei Verschlucken bzw. Eindringen in die Atemwege, Hautreizungen, kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen, schädigt Organe und das ungeborene Leben. Die Quintessenz ist, was uns die Mineralölindustrie aber natürlich verschweigt: schwangere Frauen oder stillende Mütter sollen nicht tanken, da sie durch freiwerdende Benindämpfe Toluol einatmen und so ihr Kind womöglich schädigen. Toluol wirkt ermüdend, ruft Unwohlsein hervor, löst Störungen der Bewegungskoordination aus, schlicht ist seine Wirkung narkotisierend. Der menschliche Körper kann Toluol auch bei Hautkontakt in den Blutkreislauf aufnehmen, und trotz aller toxischer Wirkung ist Toluol keine unnatürliche Substanz: es kommt beispielsweise in Erdöl vor und entsteht bei der unvollständigen Verbrennung organischer Stoffe, beispielsweise dem Rauchen. Bestimmt sind auch deshalb seit ein paar Jahren so lustige Sammelbilder auf den Zigarettenschachteln. Der Hype macht mittlerweile auch vor Bier nicht Halt, unglaublich…!

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_33_13.jpeg)
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:14:30 Nachmittag
Fast Food

Auch das kennt wahrscheinlich jeder von uns: Wenig Zeit, Nahrungsaufnahme als Muss und überhaupt bleibt in der schnelllebigen Gesellschaft einiges an sozialer Kultur auf der Strecke. Fast Food bedient das niedere Bedürfnis des Menschen: den Stillen von Hunger - allerdings eben nur das. Nachhaltig ist es, zumindest das, was wir heute als Fast Food kennen, nicht: es sättigt kurzzeitig, ist aber nicht anhaltend. Über all das, was im heutigen Fast Food drin ist wollen wir hier besser nicht spekulieren, erst Recht dann nicht, wenn das Fast Food von einer größeren Kette amerikanischen Ursprungs ist. Eine typische Fast Food-Speise ist sicherlich der Hamburger, der aus den Staaten zu uns herübergeschwappt ist. Aber auch die asiatische Küche bietet einiges an ‚schnellem Essen‘, man denke nur an die ganzen Nudelgerichte, die in kleinen Kartons gereicht werden. Zum schwäbischen Fast Food fällt mir im Moment nicht viel ein, möglicherweise gibt es das gar nicht… Schwoba veschbrad (Schwaben vespern) und nehmen sich Zeit dafür, typisch hierbei ist herzhaftes Brot und Schwarzwurst oder Presssack. Und Senf dazu, klar.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_38_17.jpeg)

Bemerkenswert ist, dass in Pompeji Gebäude freigelegt wurden, die dem, was wir heute unter Schnellrestaurants verstehen, erstaunlich ähnlich sind. Der Ausbruch des Vesuvs, der Pompeji in Schutt und Asche gelegt hat, datiert auf 79 nach Christus. Sollte es frankophile Mitleser hier geben: der Begriff ‚Bistro‘ geht übrigens auch auf Fast Food zurück. Heimgekehrte Soldaten aus Russland haben den Schnellrestaurants diesen Namen gegeben, er leitet sich aus dem russischen быстро = bystro ab, was Nichts anderes als ‚schnell‘ bedeutet.
Im Übertragenen Sinne sehe ich das Internet auch als Fast Food: Wenn ich eben mal irgendetwas wissen muss, spontan etwas nachlesen möchte oder mich sonst irgendwie just eben jetzt informieren möchte bediene ich das Internet. Dort finde ich alles. Und das in einer Menge und Dichte, die seinesgleichen sucht. Die Qualität aber ist zumeist nicht wirklich berauschend – gutes Beispiel ist wikipedia: Es ist bemerkenswert, was da alles drinsteht. Dumm nur, dass absolut jeder sein Wissen und Unwissen damit streuen kann, eine wirkliche Kontrolle ist mir nicht bekannt. Richtige Information, die tiefer geht und mir Hintergründe erläutert, solche, von der ich ausgehen kann, dass sie sauber recherchiert und fundiert ist, auf die ich mich berufen kann, die bekomme ich nur, völlig oldschool, igitt, wie konservativ!, in einem Fachbuch oder einem Lexikon. Oder besser noch in einem persönlichen Gespräch mit jemandem, der sich seit langer Zeit mit der Materie beschäftigt.
Dem aufmerksamen Leser entgeht sicherlich nicht, wie sich Raum und Zeit krümmen und ich meinen Threat hier selbst in Frage stelle...
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:15:22 Nachmittag
Wahnwitz

Unter ‚Wahnwitz‘ findet sich im alten ‚Mackensen Deutsches Wörterbuch‘ von 1982 lediglich ein Verweis auf ‚Wahnsinn‘. Naja, und ‚Wahnsinn‘ wird dort mit Geisteskrankheit gleichgesetzt… das Fast Food-Internet gibt (muss ich etwa mein Weltbild überdenken 😊?) etwas mehr her: Wahnwitz ist ‚etwas völlig Unsinniges, Abwegiges oder Unvernünftiges mit oft gefährlichen Risiken‘ oder ‚völliger Unsinn; abwegiges, unvernünftiges, oft auch gefährliches Verhalten, Handeln; Wahnsinn; Irrwitz‘ steht da.
Wo wir gerade bei Duden und der deutschen Sprache sind: Ein vollständiger deutscher Satz besteht mindestens aus Subjekt und Prädikat – so hat es die Tochter jüngst gelernt und das, was ich von meiner Schulkarriere noch im Kopf habe bestätigt. Soll heißen, ‚Ich lese‘ ist ein vollständiger Satz, wogegen ‚keine Ahnung!‘, eine Phrase, die wir derzeit laufend zu hören bekommen, kein vollständiger Satz ist. Timo Salonen mag der deutschen Sprache möglicherweise nicht mächtig sein, bemerkenswert aber ist, dass er noch nicht einmal einen ganzen deutschen Satz benötigt, um Wahnwitz noch viel treffender als Mackensen, Fast Food-Duden und Co. zu beschreiben: „207 km/h. On gravel.“ Faszination, Unvernunft gepaart mit Risiko, was Wahnwitz eben ist, lässt sich besser und knapper nicht beschrieben.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_38_03.jpeg)
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:15:57 Nachmittag
Wettrüsten

Anfang November hat sich der Mauerfall in Deutschland zum 30. Mal gejährt. Ich erinnere mich mehr wirklich an die einzelnen Vorkommnisse dieser Zeit, wie was zueinander ging, wer wann wie mit wem was verhandelt hat und welche Demo wann zu welcher Bewegung in der Politik führte. Am Ende jedenfalls war Günter Schabowski von seiner eigenen neuen Regelung für Reisen ins westliche Ausland so von der Rolle, dass er eine Reporter-Frage bezüglich des Inkrafttretens dieser Regel mit ‚(…) Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich (…)‘ beantwortete, damit die Öffnung der innerdeutschen Grenze anwies und so einen wesentlichen Teil zur deutschen Wiedervereinigung beitrug.

An was ich mich aber sehr gut erinnere ist das Lebensgefühl in dieser Zeit. Es war eine Zeit, in der wie kaum sonst in der Geschichte deutlich wurde, was mit stillem Protest, mit friedlicher Beständigkeit, mit starker Absicht und unzerstörbarem Zusammenhalt des Volks möglich ist. Es war ein Lebensgefühl voller Hoffnung und Erwartung, und auch von Unsicherheit: jeden Abend in der Tagesschau gab es Nachrichten, die noch am Vortag schlicht nicht absehbar und auch nicht vorstellbar waren. Kein Tag war berechenbar, man ist morgens mit dem Wissen aufgestanden, dass am Abend wieder etwas berichtet wird, was die politische Situation in Europa wieder völlig durcheinander bringt - irgendetwas Unvorstellbares passierte immer. Fast so, wie wir es seit Amtsantritt von Donald Trump kennen. Mit dem Unterschied, dass es positive Nachrichten waren... und dann immer dieses Lied ‚Wind of Change‘…

Ich erinnere mich gerne an die 1980er-Jahre. Irgendwie schien alles möglich zu sein. Und auch einfacher, ganz egal, ob politisch Position zu beziehen, mit stylischen Produkten Trends zu setzen oder halbgute Produkte mit pfiffigem Marketing zum Erfolg zu pushen. In der Politik gab es Schwarz, Rot, Gelb und Grün (nein, braun war vor der Wende kein Thema), es gab entweder oder und nichts dazwischen, fertig. Jeder von uns trug Adidas Trophy-Stiefel, hatte ein fettes Marco Polo-Logo aufm Kreuz und träumte vom 750i von BMW. Und wenn wir ehrlich sind: der E-Kadett E war auch damals kein gutes Auto, auch als GSI mit 115 PS nicht. Beim Vectra konnte es Opel von Anfang an nicht verheimlichen…

Nicht, dass die 1980er-Jahre durchweg positiv waren. Ganz im Gegenteil, da gab es Tschernobyl (was in West und Ost auch ein Umdenken nach sich zog: der Erde wäre es egal, wer die Atombombe wirft, verstrahlt ist verstrahlt), Herbst-Übungen der Bundeswehr mit Düsenjäger und Panzern, und ja, Deutschland war voll von Pershings und Tomahawks. Wahrscheinlich war und ist es den wenigsten bewusst, wie kritisch die Situation für Deutschland in den 1980er-Jahren war. Nicht nur, dass Deutschland die Grenze zwischen West und Ost ist, der deutsche Boden wurde von den Weltanschauungen Kapitalismus und Sozialismus als Kanonenfutter gesehen – im Ernstfall wäre bei der ganzen Wettrüsterei zwischen West und Ost ganz Europa unter die Räder gekommen.
So gesehen war 1989 mit all den Ereignissen rund um flüchtende DDR-Bürger, Mauerfall und Wiedervereinigung längst überfällig – es setzte dem Wettrüsten-Wahn endlich ein Ende. Zum Glück geschah alles genau so, wie es geschah.
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:16:25 Nachmittag
Wettrüsten Teil II

1983 liefern sich die Automobilhersteller Audi, Peugeot, Lancia und später noch Austin und Ford in der Rallye-Weltmeisterschaft ein innereuropäisches Wettrüsten. Möglich war dies durch ein recht offenes Reglement, das die FIA 1982 verabschiedete. Die zu erfüllenden Anforderungen, dass ein Autohersteller einen Fahrzeugtyp in der Gruppe B homologieren konnte, sind schnell aufgezählt: mindestens 200 straßenzugelassene Exemplare. Ist der Typ erst homologiert, dürfen darauf jährlich 20 Evolutionsmodelle für den Rallye-Einsatz aufgebaut werden. Diese können hinsichtlich Aerodynamik, Motorleistung, ach, eigentlich in jeglicher Hinsicht nochmals stark modifiziert sein. Was daraus geworden ist fasziniert uns noch heute: die wilde affenoberhammermegageilste Zeit im Rallye-Sport ever!

Btw: der Renault 5 Turbo Typ 8220, wie auch der Audi Quattro wurde Anfang der 1980er-Jahre gebaut und für die Gruppe 4, dem ‚Vorläufer‘ der Gruppe B, homologiert (Auflage damals waren 400 straßenzugelassene Fahrzeuge). Mit Wechsel des Nummern- zum Buchstabenreglement der FIA gab es anfänglich gar keine Gruppe-B-Fahrzeuge und ‚alte‘ Gruppe 4-Autos wurden in der Gruppe B zugelassen, so auch unser 5er Turbo. Der Lancia 037 war der erste Typ, der konsequent nach Anforderung des Reglements aufgebaut wurde, Peugeot zog mit dem 205 Turbo 16 nach, und Audi legte den Sport Quattro auf - ein völlig wahnwitziges Auto: der Vorderwagen von der Audi 80 bzw. 90 Limousine, das Heck vom Coupe… sieht nicht nur irgendwie stulle aus, muss sich wohl auch genauso gefahren haben. Renault war natürlich mit seiner alten Konstruktion aus den 1970er-Jahren mit Heckantrieb und dem kleinen Mittelmotörchen-Konzept auch trotz Turbo-Aufladung bei weitem nicht konkurrenzfähig. So baute Renault 1984 auf Basis des Turbo2 den Typ 8221 mit etwas erhöhtem Hubraum (1.430 ccm statt 1.397 ccm), erreichte die Homologation in der Gruppe B und konnte darauf ein Evolutionsmodell, den Maxi5Turbo, aufbauen, der 1985 bei der Tour de Corse siegreich war. Auch hier zeigt sich der Wahnwitz der Gruppe B: der Aufwand, den Renault betrieben hat, um in der Gruppe B Anschluss zu halten, war immens – und das aber weiterhin mit Hinterradantrieb. In einer Zeit, in der es sich bereits abzeichnet, dass Allrad-Antrieb das einzig siegreiche Antriebskonzept ist…

Tragische Ereignisse begleiten die Ära der Gruppe B. Vermutlich begünstigt durch ein generelles Lebensgefühl von Leichtigkeit. Kein Mensch, weder Hersteller noch FIA noch Zuschauer, kümmern sich um Sicherheit im Rallye-Sport. Den tödlichen Unfall von Attilio Bettega 1985 im Lancia 037 auf Korsika auf das Konto der Gruppe B zu schreiben ist sicherlich nicht gerechtfertigt – ohne die Tragik diffamieren zu wollen wäre solch ein Unfall mit jedem Auto jeder anderen (numerischen) Gruppe ebenso mit tödlichem Ausgang möglich gewesen. Fakt aber ist, dass 1986 die FIA und der Veranstalter der Portugal-Rallye mögliche Sicherheitsvorkehrungen für Zuschauer und Fahrer erst gar nicht in Betracht zogen. Die Strecken waren nicht gesichert, Zuschauer säumten nicht nur die Straßen sondern haben es als Sport entdeckt, möglichst lange auf der Strecke vor dem heranrasenden Rallye-Auto hin- und herzurennen – Pilot und Co-Pilot mussten jegliche Angst, potenziell zum Mörder zu werden, komplett über Bord werfen, um noch halbwegs auf Bestzeit zu fahren.
Es passiert, was passieren musste: Joaquim Santos kann den Ford RS 200 nicht mehr kontrollieren, und rast in die Zuschauermenge. Eine Mutter und ihre beiden Kinder werden getötet, viele verletzt. Und nein, auch hierfür ist die Schuld nicht ausschließlich beim Rallye-Auto der Gruppe-B zu suchen, vielmehr ist es ein Zusammenspiel aus dem Unvermögen der FIA, ein einhaltgebietendes Reglement zu formulieren, der Ignoranz des Veranstalters, für Sicherheit für Teilnehmer und Zuschauer zu sorgen, den gnadenlos reglementsauslegenden Autoherstellern, die auf die Räder stellten, was technisch nur erdenklich war sowie den Zuschauern, die berauscht von der Faszination, die die Autos ausstrahlen, es noch nicht einmal in Betracht zogen, dass physikalische Gesetze real tatsächlich existent sein könnten.

Zurück zu Lancia: Anders als alle Hersteller, die in den 1970er-Jahren im Rallye-Sport vertreten sind, setzt Lancia mit dem Stratos ein Fahrzeug ein, das nicht auf einem Serienmodell basiert, sondern ausschließlich für den Rallye-Sport konzipiert ist. Und das überaus erfolgreich, der konsequent am Reglement ausgerichtete Stratos ist hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Servicefreundlichkeit den anderen Fahrzeugen in der Rallye-WM um Längen überlegen. Als es Anfang der 1980er-Jahre darum geht, in der Gruppe B siegreich zu sein legt Lancia mit dem 037 das gleiche Erfolgskonzept noch einmal auf. Und der Erfolg lässt nicht auf sich warten, Lancia gewinnt 1983 mit den Teams Röhrl/Geistdörfer und Alén/Kivimäki mit dem neuen Typ 037 die Hersteller-Weltmeisterschaft. Allerdings zwingt die Präsenz des Vierradantriebs von Audi und Peugeot Lancia schon 1984 zu einer Neuentwicklung, da der 037 durch seinen Heckantrieb vor allem auf losen, glatten und schlüpfrigen Untergründen dem Allrad-Konzept hoffnungslos unterlegen ist.
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:16:53 Nachmittag
Delta Esse Quattro

Bei der Weiterentwicklung des 037 hält Lancia am bewährten Mittelmotor-Konzept und Gitterrohrrahmen fest, ergänzt aber Allrad-Antrieb und gibt dem Basis-Auto alle erdenklichen Notwendigkeiten mit auf den Weg, um mit den Evolutionsstufen das Gruppe B-Reglement aufs Äußerste ausreizen zu können. Das Entwicklungsprojekt heißt SE 038, das Ergebnis daraus Lancia Delta S4. In der Straßenversion leistet der Motor 250 PS und wird von Turbo UND Kompressor zwangsbeatmet – die Wettbewerbsversion hat um die 500 PS, allerdings muss angenommen werden, dass die letzten Versionen eher knapp unter 600 PS an die Pirellis pressten. Von 0 auf 100 km/h in 2,9 Sekunden, auf 200 km/h in 9,5 Sekunden - egal, ob auf griffigem Asphalt oder losem Schotter… Heute ist der Delta S4 Synonym für die Gruppe B und diese verrückte Rallye-Zeit, weil seine Entwicklung am kompromisslosesten die Regularien des Reglements ausreizte. Wie kein anderes Rallye-Auto vereint er Faszination, Unvernunft und Risiko, und ist sozusagen der Wahnwitz auf Rädern. Aber eigentlich ist S4 der Elativ von Wahnwitz.

Henri Toivonen scheint mit dem Delta S4 endlich sein Auto gefunden zu haben, 1985 bei der Premiere des S4 auf der RAC-Rallye schon war er unschlagbar, den Auftakt der 1986er-Saison in Monte Carlo dominierte er damit wie er wollte. Cesare Fiorio, Sport-Chef von Lancia, sagt später über ihn, dass nur er es verstanden hat, das volle Potenzial des S4 zu nutzen. Toivonen stimmt vor der Portugal-Rallye das Asphalt-Setup des S4 auf dem Formel-1-Kurs von Estoril ab – und radiert eine Zeit in den Asphalt, die innerhalb der 10 schnellsten Formel 1-Autos bei deren Tests wenige Wochen zuvor rangiert. Nur, um die Verhältnismäßigkeit in Erinnerung zu rufen: der Williams FW11 von 1986 wiegt 540 kg, sein 1,5-Liter-6-Zylinder-Motor von Honda mit Turbolader macht im Qualifying-Setup 1.200 PS locker und schafft weit über 300 km/h Spitzengeschwindigkeit. Der Delta S4 Corsa bringt es auf 950 kg, hat wie erwähnt bis maximal knapp unter 600 PS und schafft schrankwandtypische 205 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Zurück zum Thema: Toivonen fährt mit dem S4 in Estoril eine Zeit, die unter die 10 schnellsten Test-Zeiten mit Formel 1-Autos fällt. Mit einem Rallye-Auto. Spätestens jetzt ist klar, wie viele Worte nötig sind, um Wahnwitz einigermaßen treffend zu beschreiben. Sofern man nicht Timo Salonen heißt.
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:17:54 Nachmittag
1 Jahr und 4 Stunden

Miki Biasion startet bei der Tour de Corse 1986 mit dem Delta S4, mit dem er bereits in Portugal an den Start ging. Marku Alén und Henri Toivonen treten mit Chassis-Nummern an, die eigens für Korsika neu aufgebaut wurden. Allen drei Fahrzeugen ist gemeinsam, dass sie 30 kg leichter als die bisherigen Rallye-Delta S4s sind, und ein für Korsika angepasstes Fahrwerks- und Antriebssetup haben. Die 30kg kommen auch daher, weil der völlig überbewertete Unterfahrschutz unter den Tanks weggelassen wurde – schließlich ist Korsika eine reine Asphalt-Rallye, aufspritzenden Schotter, der die Tanks beschädigen könnte, gibt es nicht.

Henri Toivonen schlägt sich seit Tagen mit einer Erkältung und Fieber herum, dennoch scheint es, dass ihn die Behandlung des Team-Arztes eher beflügeln als die Grippe ihn beeinträchtigen würde. Seit der 4. Wertungsprüfung am Vortag fährt er und sein Beifahrer Sergio Cresto auf 14 Wertungsprüfungen ununterbrochen Bestzeit, zur Mittagspause in Corte haben sich die beiden komfortable 2:45 Minuten Vorsprung herausgefahren. Der S4 kommt vollgetankt vom Service, Toivonen gibt sein letztes Interview und macht dabei einen etwas unkoordinierten Eindruck, reißt dennoch ein paar lockere Sprüche und zeigt sich gleichzeitig bewusst ob der Gefahr, die diese Rallye birgt: „This is crazy. This is crazy, even everything is going very well, but if I find trouble so I am unfortuntely complete finished.“. Um 14:40 Uhr machen sich Henri und Sergio auf zum Vorstart der 18. WP von Corte nach Taverna bzw. Ponte Leccia. 14:53 Uhr ist Start, und Sergio, Henri und der S4 stürmen ein letztes Mal los.

Was im Cockpit des Delta S4 mit der Chassis-Nummer 211 auf der engen D18 zwischen Corte und Taverna passiert, wird nie aufgeklärt werden. In einer Linkskurve rutscht das Auto von der Fahrbahn, stürzt etwa 4 Meter die Böschung hinunter und fängt Feuer. Die nachfolgenden Bruno Saby und Jean-Francoise Fauchille mit ihrem Peugeot 205 registrieren zwar das Feuer, können zunächst aber nicht einordnen, dass es sich um einen Unfall handeln könnte. Nach der folgenden Serpentine erkennen sie die Situation, drehen um und kehren zur Unfallstelle zurück. Sie versuchen, Toivonen und Cresto aus dem brennenden Wrack zu retten, müssen aber zum Schutz ihres eigenen Lebens vor einsetzenden Explosionen zurückweichen. Das Wrack brennt völlig aus, die vielfach verwendeten HighTech-Werkstoffe wie Kevlar-Carbon und Magnesium nähren das Feuer unentwegt, der auslaufende Sprit tut alles Übrige.
Saby und Fauchille sowie Miki Biasion mit Beifahrer Tiziano Siviero, die nunmehr auch vor Ort sind, können nichts tun, außer über Funk Hilfe anzufordern – zwar müssen die Gruppe B-Fahrzeuge Feuerlöschanlagen verbaut haben, entnehmbare Hand-Feuerlöscher hingegen sind nicht vorgeschrieben.


Henri Toivonen und Sergio Cresto lassen am 2. Mai 1986 in den Flammen ihr Leben. Auf den Tag genau 1 Jahr nach dem Tod von Teamkollege Attilio Bettega. Und wie er in einem Auto mit der Startnummer 4.

Henri Toivonen
* 25. August 1956
+ 2. Mai 1986
Sergio Cresto
* 19. Januar 1956
+ 2. Mai 1986
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:18:45 Nachmittag
La valée de la Restonica 2019

Viele Erwartungen sind dieses Jahr mit uns nach Korsika in den Sommerurlaub gefahren. Ein nicht wörtlich ausgesprochenes Vorhaben war, die Unfallstelle von Henri und Sergio zu besuchen. Sollte an sich auch kein Thema sein, zumal wir dieses Jahr mehrere Stationen auf Korsika machten und es absehbar war, dass wir recht viel von der Insel sehen würden. Im Vorfeld hatte ich nach entsprechenden Informationen um die Unfallstelle gesurft, irgendwo zwischen Corte und Ponte Leccia muss es sein – dem Filmchen, das ich gefunden habe, kann es nur vor der Serpentine bei Soveria, direkt an der T20, sein. Und da unsere erste Station im Restonica-Tal nahe Corte war kommen wir doch so oder so direkt daran vorbei.

Dachte ich. Tatsächlich fahren wir die Strecke 2x ab, aber von dem doch recht auffälligen Gedenkstein finden wir nichts. Naja, ich möchte die Familie nicht allzu sehr mit meinem Rallye-Fieber stressen, also fahren wir das Hotel an und kommen erst einmal auf der Insel an. Aber wie das nun mal so ist, wenn etwas im Kopf ist muss das auch umgesetzt werden… mit meiner gelben Michelin-Karte melde ich mich bei Christophe, dem Hotel-Betreiber und frage ihn, ob er etwas von dieser Unfallstelle weiß. Ja klar antwortet er, einer seiner Freunde ist Feuerwehrmann und war damals beim Löschen dabei. Ok…?! Wir breiten meine Karte aus und zielsicher macht er ein Kreuz auf der D18, die von Corte nach Castrila führt. Er erklärt mir, dass ich nach dem Kreisverkehr links, gleich wieder links und dann rechts Richtung Porto fahren muss. Na, das scheint ja einfach zu sein!

Und das ist es auch: außerhalb Corte schlängelt sich die D18 recht sanft durch ein breites, offenes Tal mit der typischen korsischen Maccia. Die Strasse ist recht breit, flach und an sich gut ausgebaut – vor 34 Jahren war das bestimmt noch anders.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_13_28.jpeg)

Dann – tatsächlich, das ist die Szenerie, die ich aus dem Internet-Filmchen kenne, die Links-Kurve, die Mauer, genau, links, auf der dem Hang zugeneigten Straßenseite steht das Denkmal.
Ich halte an und sehe mich um. Hm… es gibt auf Korsika tatsächlich heftigere Kurven als diese hier… wobei, wenn die Straße damals schmäler war… aber dennoch, die Kurve kündigt sich gut an… was aber, wenn die Straße damals noch nicht so breit in den Fels gehauen war… das Denkmal ist genauso, wie ich es von Internet-Bildern in Erinnerung habe, eine Granitplatte, die nach hinten mit Steinen befestigt ist, oben links die Gravur. Oben drauf ist ganz schön gemacht eine weitere Steinplatte in Form der Insel, darin eingelassen eine kleine Vitrine mit einem Delta S4-Modellauto. Und es liegen viele viele Mitbringsel darauf. Hier also hat 1986 das Lancia-Team ein unschlagbar werdendes Piloten-Duo verloren. Und die ganze Rallye-Welt die geilste Zeit, die der Sport jemals erlebte.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_13_15.jpeg)

Das Wetter ist etwas unbeständig, also drehe ich mein Auto um und fahre zurück. An der geeigneten Stelle Furesta di Forca drehe ich nochmals um, nehme die Kamera in die Hand und fahre physisch und mental die letzten Kilometer mit Henri und Sergio mit. Angeblich gibt es wieder eine Chassis-Nummer 211, das originale Chassis aber sei nicht mehr existent – das, was jetzt diese Nummer trägt ist ein kompletter Neu-Aufbau auf einem jungfräulichen Chassis. Laut war es sicherlich im Cockpit damals. Die Kurven müssen nur so an den beiden vorbeigeflogen sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Pilot oder Co-Pilot auch nur im entferntesten etwas von der Schönheit der Landschaft mitbekommen, die sie durchfahren… ok, unbewusst vielleicht den Geruch und die Temperatur. Aber sonst?

Als ich auf die Unfallkurve zusteuere ist es für mich doch unverständlich, warum eben hier das Team von der Fahrbahn abkam – Konzentration ist auf der ganzen Strecke immer zu 120% nötig, wären die beiden vom WP-Start an halbherzig unterwegs gewesen hätte es sie schon früher zumindest 2x reißen können. Vor der Kurve ist ein ca. 200 m langes gerades Stück, hier kann ordentlich Geschwindigkeit zugelegt werden. Die Linkskurve kündigt sich früh erkennbar an, macht dann aber ziemlich hinterlistig zu.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_13_42.jpeg)

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_13_55.jpeg)

https://www.youtube.com/watch?v=cqOY21WOZks (https://www.youtube.com/watch?v=cqOY21WOZks)

Ich halte wieder an, und um die Szene besser zu verstehen gehe ich die letzten 200 Meter zu Fuß. Richtig nachvollziehen kann ich es noch immer nicht, warum hier zwei Menschen ihr Leben gelassen haben.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_14_07.jpeg)

https://www.youtube.com/watch?v=_t9zHbTFEhA (https://www.youtube.com/watch?v=_t9zHbTFEhA)


Ich gucke über die Mauer, die es damals noch nicht gab.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_14_21.jpeg)

Und wie wahrscheinlich alle Rallye-Fans klettere ich darüber und den Hang hinunter. Hier ungefähr lag das Wrack, als es Feuer fing bzw. als die Explosionen einsetzten.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_14_35.jpeg)

Nichts mehr deutet auf das Ereignis hin, die Natur hat alle Spuren weggewischt. Nein, ich scharre nicht im Boden um vielleicht doch noch den einen oder anderen Metallklumpen zu finden, die Pietät gebietet es so. Ich drehe mich nochmals um und erschrecke: obwohl ich weiß, dass Korsen in früheren Jahren gerne ihre verbrauchten Autos an steilen Abhängen entsorgten gruselt es mich, als ich weiter unten das Renault 12-Wrack liegen sehe…

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_14_48.jpeg)

Regen setzt ein. Ich verstehe das Zeichen, dass ich Henri und Sergio ruhen lassen soll, klettere den Hang hinauf, setze mich ins Auto, fahre noch 500 Meter weiter und schaue mir die Unfallstelle von unten an.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_24_48.jpeg)

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_15_00.jpeg)

Von hier aus müssen Saby und Fauchille erkannt haben, was passiert war und haben umgedreht.

Auf dem Rückweg zum Hotel halte ich vor dem Denkmal nochmals kurz an und dokumentiere die Position für all die, die bei einem möglichen Korsika-Urlaub die Unfallstelle ebenfalls aufsuchen wollen.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_08_12_19_10_15_14.jpeg)

In diesem Zusammenhang eine Warnung meinerseits: mich hat die ganze Geschichte so in ihren Bann gezogen, dass ich Wochen und Monate nach unserem Urlaub noch immer im Gruppe B-Sog bin. Was war das doch eine geile, verrückte und völlig unverantwortbare Zeit!
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:37:25 Nachmittag
Theorien

Ein weiteres Nachschlagen im ‚Mackensen Deutsches Wörterbuch‘ von 1982 -die ISBN-Nummer übrigens ist 3-88199-078-X, erschienen im Pawlak-Verlag- bringt die Erkenntnis, dass unter Theorie eine „Lehrmeinung; wiss. Betrachtungsweise; Grundsatz; wiss. Erkenntnis.“ zu verstehen ist. Frei nach der Meinung des Autors ist umgangssprachlich darunter eine nicht zwingend nachge- oder bewiesene Vermutung zu verstehen.

Theorien zum Unfall von Henri und Sergio gibt es mehrere. John Davenport widmet im Buch ‚Gruppe B – Aufstieg und Fall der Rallye-Monster‘ dem Toluol eine ganze Seite, stellt die Behauptung auf, dass Formel 1-Teams seinerzeit Treibstoff mit bis zu 84% Toluol-Anteil verwendeten, und das aus gutem Grund: die höhere Dichte und der höhere Flammpunkt von Toluol lässt ein Auto im Brandfall verglichen mit Tankstellen-Benzin langsamer abbrennen. Dumm nur, dass Toluol Gummi und Kunststoffe anlösen kann und durch diese Materialien hindurch diffundiert. Angeblich hatte Henri sich über den starken Benzingestank im Auto beklagt… was ebenfalls Berücksichtigung finden muss ist, dass das Lancia-Werksteam bereits mehrere Tage auf Korsika trainiert hat. Wurden auch die Tests mit Toluol-haltigem Sprit gefahren kann davon ausgegangen werden, dass die Piloten und Co-Piloten einiges an Toluol in sich hatten – schließlich ist es nicht wasserlöslich, das hatten wir ja schon, und wird vom menschlichen Körper nicht ausgeschieden.

Eine andere Theorie besagt, dass Henri aufgrund der Grippe bzw. den verabreichten Medikamenten zur Senkung des Fiebers nicht 100% fit war. Dieser Ansatz kann sicherlich nicht von der Hand gewiesen werden, da einerseits vermutlich jeder dieses Gefühl zwischen kerngesund und völlig platt kennt: Irgendwie fit und irgendwie doch benommen. Andererseits macht Henri in seinem letzten Interview zwar einen lustigen, weil flapsigen aber auch einen echt beängstigenden Eindruck – bei 4:26 geht’s los:

https://www.youtube.com/watch?v=roy8n3MCORU (https://www.youtube.com/watch?v=roy8n3MCORU)

Ob für diesen Zustand ausschließlich Medikamente oder auch die Toluol-Dämpfe verantwortich waren sei einmal dahingestellt.

Die Bremsen an Marku Aléns Auto versagten auf der 1. WP. Es könnte natürlich sein, dass die Bremsen auch an Henri Toivonens Auto versagten. Grundsätzlich möglich ist das, klar. Wenn es sich aber um einen systematischen Fehler im Bremssystem der Delta S4 handelte hätte es womöglich auch Miki Biasions Auto erwischt. Hierüber wird jedoch nichts berichtet, was für mich daher gegen die Bremsversagen-Theorie spricht.

Nochmals Henris Gesundheitszustand betreffend steht im Raum, dass er seit seinem Unfall 1985 auf der Costa Smeralda angeblich hin und wieder unter einer Art Aussetzer litt, wie MG Metro-Pilot Malcom Wilson offenbar berichtete. Hierfür gibt es aber nur Hinweise im fastfood-Internet, zum Beispiel ab 30:41 hier:

https://www.youtube.com/watch?v=4Pp_XdI5kck (https://www.youtube.com/watch?v=4Pp_XdI5kck)

Jürgen Schwarz, Journalist für die Rally Racing spekuliert in Ausgabe 6/1986 ebenfalls über den Hergang des Unfalls und stellt weiterhin eine recht lapidare Begründung in den Raum: Sergio Cresto könnte die Brisanz der Linkskurve nicht eindringlich genug ausgedrückt haben. Hm…

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_09_12_19_8_40_23.jpeg)

Auto Motor und Sport hat ebenfalls eine recht lapidare Erklärung, die kaum sonst irgendwo Erwähnung findet: ‚profillose Rennreifen auf regennasser Fahrbahn‘. Jürgen Schwarz berichtet in der Rallye Racing davon, dass es an der Unfallstelle keine Bremsspur gab, ‚nur einen kurzen Reifenabrieb, der auf heftiges Übersteuern schließen läßt‘. Daraus kann ein Schuh werden: die Regengüsse auf Korsika können im Frühjahr in der Tat sehr lokal begrenzt sein, was heißen soll, dass der überwiegende Teil der bisherigen Rallye mit Slicks gefahren werden konnte, der Start zur WP auf trockener Fahrbahn stattfand und kaum 5 km weiter die Strecke komplett regenüberschwemmt war.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_09_12_19_8_40_40.jpeg)

btw: das Bildchen zum Rennsport-Museum in Hockenheim zeigt den Renault 5 Alpine Turbo Coupe von Harald Schörder. Wer etwas in der deutschsprachigen Renault 5-Szene unterwegs ist kennt Auto und Harald bestimmt.

Keine Theorie zum eigentlichen Unfallhergang, aber doch ein wichtiges Detail ist der Umstand, dass aus Gewichtsgründen auf den Unterfahrschutz der Tanks verzichtet wurde. Wäre ein solcher verbaut gewesen wäre der Unfall sicherlich auch passiert. Doch ist naheliegend, dass die Tanks dabei nicht so schwer beschädigt worden wären, als dass Sprit in der Menge ausströmte und das Auto vermutlich langsamer abgebrannt und womöglich nicht explodiert wäre – entscheidende Zeit für Rettungsmaßnahmen.

Aber es bringt alles nichts, letztlich wird die tatsächliche Unfallursache nie geklärt werden. Was an sich aber auch egal ist: die Rallye-Welt hat schmerzlich zwei famose Spieler verloren. Es ist den beiden zu wünschen, dass sie ihren Tod nicht bewusst erleben mussten. Rest in peace, Henri and Sergio!
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:49:18 Nachmittag
Quellverzeichnis

Toluol
Interview mit einer Diplom-Chemikerin, Chemie für Textil-Industrie
https://de.wikipedia.org/wiki/Toluol
https://www.seilnacht.com/Chemie/ch_toluo.htm
https://www.nzz.ch/toluol-1.586826

FastFood
https://de.wikipedia.org/wiki/Fast_Food

Wahnwitz
https://de.wiktionary.org/wiki/Wahnwitz
https://www.duden.de/rechtschreibung/Wahnwitz
Mackensen Wörterbuch 1982

Wettrüsten
https://de.wikipedia.org/wiki/Wettr%C3%BCsten
https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Schabowski
https://de.wikipedia.org/wiki/Nuklearkatastrophe_von_Tschernobyl

Wettrüsten Teil 2
https://www.rallye-magazin.de/gruppe-b/
https://www.rallyandracing.com/rallywebshop/buecher/geschichte/?p=1

Delta Esse Quattro
http://www.deltas4book.com/
https://de.wikipedia.org/wiki/Williams_FW11
https://www.carthrottle.com/post/wvgo98b/

1 Jahr und 4 Stunden
https://www.moorsport-total.com/wrc/news/der-toedliche-unfall-von-henri-toivonen-die-ungeklaerte-tragoedie-19040303
https://de.wikipedia.org/wiki/Henri_Toivonen
https://en.wikipedia.org/wiki/Sergio_Cresto

Bücher
https://www.rallyandracing.com/rallywebshop/buecher/geschichte/?p=1
http://www.deltas4book.com/

DVDs
https://www.dukevideo.com/prdBIGP0119/Madness-on-Wheels-HB
https://www.deimelfilm.at/product-page/gruppe-b-der-ritt-auf-dem-feuerball
https://www.dukevideo.com/prd4971/The-Tour-de-Corse-Rally-1984-1991-DVD
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 09, 2019, 22:55:30 Nachmittag
I try to keep the steering wheel in my hands, I think that’s the best tactics, no?

Henri Toivonen, 2. Mai 1986
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: Timmy671 am Dezember 10, 2019, 17:42:09 Nachmittag
Eigentlich sollte man hier nichts weiter schreiben und ich habe auch kein Problem damit wenn meine Antwort gelöscht wird.
Nur soviel:
Ich bin von diesem Bericht schwer beeindruckt.
Gruss Timmy
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: daniel ch am Dezember 11, 2019, 00:56:12 Vormittag
Eigentlich sollte man hier nichts weiter schreiben und ich habe auch kein Problem damit wenn meine Antwort gelöscht wird.
Nur soviel:
Ich bin von diesem Bericht schwer beeindruckt.
Gruss Timmy

Zählt auch für mich....

Sollte keine Gotteslästerung sein, Toivonen war für mich einer der grössten, aber die Estoril Geschichte ist nichts mehr als ein romantischer Mythos. Wenn man schon die Leistungsdaten eines F1 und dem Delta S4 vergleicht sollte klar sein das die Geschichte niemals stimmen kann oder Äpfel mit Birnen verglichen worden sind...wie Zeiten F1 im Regen und Delta S4 im Trockenen oder Zeiten von F3000 statt F1...es wird auch nirgends die gefahrene Rundenzeit erwähnt...

Ein paar Zahlenspiele:
Estoril 4.35 km
Qualy 86 F1
1. Ayrton Senna Lotus 1.16
27. Allen Berg Osella   1.26
Qualy 85 F3000
1. Mike Thackwell   1.30
17. Thierry Tassin   1.34
Qualy 88 EM-Tourenwagen
1. Armin Hahne Ford Sierra RS500  1.44
2004 nahm Lionel Regal im F3000 dem Bruno Ianiello im Delta S4 auf 5km in St.Ursanne 19 sek. ab, also vermute ich das Toivonen in Estoril im besten Fall eine Zeit von 1.36 gefahren sein könnte....

Hätte sich die Estoril Geschichte im Regen abgespielt, F1 und Delta S4 im Regen, würde ich es noch gerne glauben mit der 10. schnellsten Zeit....
Gruss Daniel
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: Montedifalko am Dezember 11, 2019, 07:47:35 Vormittag
Hubsy, ich habe keinen deiner Berichte so genossen wie diesen!
Berührt er doch weite Teile meines Lebens mit all seinen Erlebnissen und Erfahrungen.
Ich könnte seitenweise darauf antworten, sehe es aber wie Timmy!!

Abschliessend gebe ich aber noch einen Spruch aus meiner Schulzeit ab:

Tand, tand, ist das Gebilde von Menschenhand !  (Theodor Fontane)
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 11, 2019, 13:07:57 Nachmittag
Zählt auch für mich....

Sollte keine Gotteslästerung sein, Toivonen war für mich einer der grössten, aber die Estoril Geschichte ist nichts mehr als ein romantischer Mythos. Wenn man schon die Leistungsdaten eines F1 und dem Delta S4 vergleicht sollte klar sein das die Geschichte niemals stimmen kann oder Äpfel mit Birnen verglichen worden sind...wie Zeiten F1 im Regen und Delta S4 im Trockenen oder Zeiten von F3000 statt F1...es wird auch nirgends die gefahrene Rundenzeit erwähnt...

Ein paar Zahlenspiele:
Estoril 4.35 km
Qualy 86 F1
1. Ayrton Senna Lotus 1.16
27. Allen Berg Osella   1.26
Qualy 85 F3000
1. Mike Thackwell   1.30
17. Thierry Tassin   1.34
Qualy 88 EM-Tourenwagen
1. Armin Hahne Ford Sierra RS500  1.44
2004 nahm Lionel Regal im F3000 dem Bruno Ianiello im Delta S4 auf 5km in St.Ursanne 19 sek. ab, also vermute ich das Toivonen in Estoril im besten Fall eine Zeit von 1.36 gefahren sein könnte....

Hätte sich die Estoril Geschichte im Regen abgespielt, F1 und Delta S4 im Regen, würde ich es noch gerne glauben mit der 10. schnellsten Zeit....
Gruss Daniel

Hierzu findet man in der Tat nur etwas im FastFood-Internet:

https://forums.autosport.com/topic/72509-henri-toivonen-drove-118-at-estoril/
https://www.carthrottle.com/post/wvgo98b/
https://rallygroupbshrine.org/the-group-b-cars/rally-cars/lancia-delta-s4/

Irgendwo hatte ich noch einen Artikel gefunden, in dem Nini Russo hierzu äussert - aber natürlich auch nur FastFood-like...

LeCar5
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: daniel ch am Dezember 11, 2019, 13:58:25 Nachmittag
Hierzu findet man in der Tat nur etwas im FastFood-Internet:

https://forums.autosport.com/topic/72509-henri-toivonen-drove-118-at-estoril/
https://www.carthrottle.com/post/wvgo98b/
https://rallygroupbshrine.org/the-group-b-cars/rally-cars/lancia-delta-s4/

Irgendwo hatte ich noch einen Artikel gefunden, in dem Nini Russo hierzu äussert - aber natürlich auch nur FastFood-like...

LeCar5
Bei den 1.18 vom einem der FastFood Artikel muss ich schon schmunzeln...

Ja, das Interview (redbull) gibt es, aber Nino Russo kann sich nicht an die gefahrene Rundenzeit erinnern und unterstreicht das man diese nicht mit den Qualy Zeiten vom GP Portugal vergleichen muss sondern mit Testfahrten der F1(vielleicht keine Stars an dem Tag...). Egal, ein Mythos soll ein Mythos bleiben, ich verehre Toivonen und den Delta S4, es ist schöner an die Geschichte zu glauben als zu zweifeln.

https://www.redbull.com/int-en/henri-toivonen-at-estoril-exploring-the-myth (https://www.redbull.com/int-en/henri-toivonen-at-estoril-exploring-the-myth)

Danke nochmals für den tollen Bericht

Gruss
Daniel

Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: meahb am Dezember 11, 2019, 14:16:40 Nachmittag
Hubsi....du bist verrückt.....aber richtig schön gemacht dein Beitrag  .....vielen Dank  dafür!
..und eine tolle Weihnhachtszeit..:)
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: Legend Turbo Nr.5 am Dezember 12, 2019, 02:43:49 Vormittag
Wirklich ein schöner Bericht Hubsy ;) ; :D :D :D
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 12, 2019, 22:29:47 Nachmittag
Im Sog

Meine beiden Mädels verdrehten schon immer die Augen, als in den letzten Wochen immer wieder einmal ein kleines Päckchen ins Haus kam. Drin war immer ein Buch oder eine DVD, und immer gings ums gleiche Themenfeld: Rallye und die Gruppe B. Da hat sich etwas verselbstständigt, angefangen hat es ganz harmlos als mir Freund Dirk für den Bericht hier drei Medien auslieh:

Die DVD ‚Der Ritt auf dem Feuerball – Gruppe B‘ von Helmut Deimel
Ein toller Film mit vielen tollen Filmszenen, Interviews mit damaligen Grössen. Sehr informativ, sehr schön gemacht, ein aktueller Rückblick auf die damalige Zeit aus Sicht der Menschen, die die Autos pilotierten. Ein kritischer Unterton in den Stimmen ist nur wenig zu hören, der Film zeigt wunderbar eine grandiose Zeit. Ich möchte nicht sagen, dass es ein glorifizierender Rückblick ist, aber ein Rückblick mit Wehmut.

Das Buch ‚Gruppe B – Aufstieg und Fall der Rallye-Monster‘ von John Davenport und Reinhard Klein
Die erschwingliche Gruppe B-Lektüre schlechthin. Alle wichtigen Piloten kommen darin zu Wort, jedes Gruppe-B-Auto wird vorgestellt. Toll gemacht, mit vielen Hintergrund-Infos von John Davenport, der seinerzeit als Co-Pilot die Gruppe B-Jahre erlebt hat und all die ganzen Grössen der damaligen Zeit kennt.

Das Buch ‚Delta S4‘ von Vittorio Roberti & Luca Gastaldi
Was für ein Hammer-Werk rund um den Delta S4! Im Vordergrund steht das Projekt und das Ergebnis daraus, die Rallye-Erfolge werden nur am Rand erwähnt. Viele technische Zeichnungen, viele Bilder der verschiedenen Entwicklungs- und Evolutionsstadien, jede Chassis-Nummer der Corsa-Modelle wird vorgestellt. Sehr aufwändig recherchiert, wahrscheinlich gibt es kein informativeres Werk über den Delta S4.

Ergänzt um meine eigenen DVDs ‚Die Evolution des Driftwinkels‘ 1 und 2 von Helmut Deimel, das Buch ‚Rallye‘ von Reinhard Klein und die Auto Motor und Sport-Sammlung im Keller in jedem Fall genug Material für einen Bericht fürs Forum. Aber einmal Blut geleckt… und wieder ist die Rallye-Leidenschaft aus der Kindheit wieder da :)! Mit Rallye verbinde ich wildbeklebte bunte breite laut brüllende kraftstrotzende Autos, die mit wedelndem Heck schneebedeckte Passstraßen wie angebrannt rauf- und runterjagen. Geile Rallye-Autos waren für mich der Fiat 131, der Ascona 400, der Renault 5 Turbo und der Audi Quattro, weil es mutierte Straßen-Autos waren. Der Stratos war viel zu eigen, der hatte nichts mit dem zu tun, was jeden Tag auf dem Schulweg zu sehen war. ‚Skandinavischer Fahrstil‘ hieß es damals, was war das doch spektakulär! Viel mitbekommen von der Rallye-Meisterschaft damals hab natürlich nicht, interessiert haben mich auch nicht die Fahrer oder die Ergebnisse und erst recht nicht die Technik der Autos, einzig diese geilen Karosserien, der Klang, die bunten Farben und der spektakuläre Stil, wie die Dinger auf normalen Straßen um die Ecken drifteten! Damit war ich leider der einzige in unserer Familie…

Anfang der 1980er Jahre, es wird wohl 1981 gewesen sein, hat das im Nachbarort ansässige recht renommierte Vedes-Spielwarengeschäft Neth ein Advents-Preisrätsel veranstaltet. Der Hauptgewinn war ein 50 Mark Einkaufsgutschein - und den hat meine Ma gewonnen. Ich erinnere mich, dass ich dabei war als sie diesen einlösen ging. Natürlich habe ich mich bei den Mädschboks-Audole (Anmerkung der Redaktion: schwäbisch für matchbox-Autos) rumdgedrückt, und da gab es von burago die 1:24 Rallye-Autos, einen 400er Ascona und den noch viiieel geileren gelben Renault 5 Turbo. Damit bin ich schnur-straks zu meiner Ma marschiert, quasi als Vorschlag für die einzig sinnvolle Verwendung ihres Gutscheins. Völlig unverständlich kam sie ihrer elterlichen Verantwortung, den heranwachsenden Rentenzahlern alle möglichen Verwirklichungsoptionen bieten zu müssen nicht nach. Sie entschied sich für ein scrabble-Wortspiel, wie schnöde >:(. Und mit dem durfte ich später noch nicht einmal das Wort ‚Sex‘ legen, versteht das einer?

Zurück zur Recherche: Im Auto Motor und Sport von 1986 finde ich erstaunlich wenig zum Unfall von Henri und Sergio, weiter oben irgendwo ist ein Bild. Aber einen Bericht über das Verbot der Gruppe B.
…sorry, ich muss nochmals abschweifen: Damals war ich 14, und grundsätzlich war mein Pa nicht Auto-interessiert. Auto-Zeitungen gab es bei uns zu Hause also nicht, Internet war noch nicht wirklich erfunden und die Berichterstattung im Fernsehen war so gut wie nicht existent. Naja, für einen 14jährigen Junior-Petrolhead nicht die besten Voraussetzungen… glaubt mir, die 4 Mark 50 alle 14 Tage für eine Auto Motor und Sport waren das halbe Taschengeld und eine richtige Ansage, so habe ich mir das Magazin echt nur selten gekauft. Dementsprechend hab ich die Rallye-Weltmeisterschaft damals nur sehr lückenhaft mitbekommen. Und davon mal abgesehen hätte ich die Hintergründe und das ganze Ausmaß der Thematik eh nicht verstanden… Dennoch erinnere ich mich an einen Samstag im Januar oder im Februar 1987, als mich mein Pa zur Sportschau rief. Mann, was hab ich mich gefreut, dass Walter und Christian wieder mit dem Audi 200 quattro, was war der doch langweilig im Vergleich zum SportQuattro ein Jahr zuvor!, wieder bei der Monte dabei waren! Und klar habe ich mitbekommen, dass es eine deutliche Restriktion bezüglich Leistung und Geilheit der Autos gab, Rallye-Sport war jetzt eben anders. Aber er war, das war für mich das wichtigste!

Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, bei der Recherche und kaum Berichterstattung in der Auto Motor und Sport. Freund Dirk kommt plötzlich an und schmeisst mir einen Packen RallyeRacing hin, fast den kompletten Jahrgang 1986. Den hat er im Netz geschossen, irgendwas um die 50 Tacken.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_09_12_19_8_41_03.jpeg)

Was ist das interessant, sich in die einzelnen Heftchen einzulesen! Das Lebensgefühl von damals kommt wieder auf, die zeitaktuellen Berichte von damals werfen ein ganz anderes Bild auf die Thematik! Röhrl schreibt in seiner Kolumne vom Ausstieg von Audi, der Tod Toivonens, der Unfall von Santos der Portugal-Rallye, später im Jahr der von Marc Surer, eine ganz andere Qualität als die ‚Erinnerungsmedien‘ aus Ende der 2010er Jahre! Bemerkenswert ist wirklich das Verständnis für die ganze Geschichte, das sich entwickelt, wenn man einen ganzen Jahrgang durchschmökert. Plötzlich ist alles nachvollziehbar, als ein Ereignis im chronologischen Ablauf auf ein anderes folgt.

Mit dieser Erkenntnis mache ich mich auf die Suche: zeitgenössische Berichterstattung, da muss es doch etwas geben. Und klar, das kommerziell-orientierte Internet und vor allem ein erfolgreiches Online-Auktionshaus bietet alles. Die Rallye-Jahrbücher sind mir etwas zu teuer, aber hier, die DVD ‚madness on wheels‘… etwas zweifelnd biete ich. Ketzerischer Titel, billige Aufmachung. Scheint irgendein Format aus den 1990er Jahren zu sein, ob das wohl was ist? Die Erwartung ist nicht allzu hoch, als ich die DVD ein paar Tage später ins Notebook schiebe.
Rund 1 ½ Stunden später bin ich völlig geflasht, irritiert, schockiert und einfach sprachlos. DAS hätte ich nicht erwartet – schonungslos wird das kollektive Versagen von FISA, den Veranstaltern, den Zuschauern und den Herstellern im Umgang mit Sicherheit, Verantwortung und Maßhaltigkeit dargelegt, so schonungslos, dass ich froh bin, dass dieses verantwortungslose Reglement überhaupt aber gleichzeitig verärgert bin, dass sie erst so spät abgesetzt wurde. Besonders bewegend sind die Wortmeldungen und Interviews von Miguel Oliviera, Co-Pilot von Joaquim Santos bei der Rallye Portugal 1986 sowie zweier Unfallopfer eben diesen Unfalls. Dieses Bild auf die Gruppe B habe ich sonst nirgends gesehen...

Aber es gibt noch mehr: in den Kleinanzeigen entdecke ich das Buch ‚Die Rallye-Monster‘ von 1987. Zeitgenössische Darstellung, technische Beschreibung und ein paar Hintergrundinfos aller Gruppe B-Autos, zeittypisch schwarz-weiss-Fotos. Auch der Porsche 911 bzw. 959 wird behandelt, auch der kaum bekannte Kadett 4x4, den Opel für 1987 vorbereitete.
Etwas später stosse ich auf die DVD ‚Tour de Corse 1984-1991‘, und stelle wiederum fest, dass zeitaktuelle Berichterstattung einfach so viel gehaltvoller ist als irgendwelche Erinnerungsmedien. Einzelne Episoden, zu jedem Jahr rund 20 Minuten Beitrag, ich vermute, dass es sich um Berichterstattungen für das britische Fernsehen handelt. Der Tiefgang ist einfach etwas ganz anderes als Rückblicke 30 Jahre später auf eine ach so geile Zeit – der Blick ist mit dieser Distanz einfach völlig verklärt!

Lassen wir die Kritik, es war wie es war. Hier noch etwas, mit dem sich der Rallye-Fan eindeutig outet: https://de.heeltread.com/collections/rally-legends.

LeCar5
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: godsey am Dezember 13, 2019, 09:11:31 Vormittag
@Hubsy

Muss ich mir das ganze Zeug auch kaufen, oder kann man das Paket mal für 1-3 Monate ausleihen.  :-*

Zu Toivonen: Ich neige dazu, mich Walters Meinung anzuschließen, Henri war einfach immer bei 105%. Das kann gut gehen, aber auf lange Sicht ist das Ergebnis unausweichlich. Umso tragischer, wenn der konkrete Unfall tatsächlich durch einen technischen Defekt verursacht worden wäre. Schade, dass es nur so eine lückenhafte Ermittlung und so wenig belastbare Infos zur Unfallursache gibt.

Er erinnert mich an einen Freund, bei dem sich die ganze Clique sicher war, dass sein Fahrstil irgendwann zu einem schweren Unfall führen müsse. Gestorben ist er dann auf dem Beifahrersitz seines Urquattros.

Neulich kam im Fernsehen eine längere Reportage zum Unfall von Stefan Bellof in Spa, der minutiös rekonstruiert wurde. Ich weiß noch ganz genau, wo ich war und was ich gemacht habe, als die Nachricht seines Unfalls im Radio kam.

"Stefan war von Natur aus schneller als Senna. Ich habe nie zuvor jemanden wie ihn gesehen. Sein Mut war grenzenlos", erinnert sich sein ehemalige Teamkollege Martin Brundle anlässlich des zehnten Todestages in 'Autosport'.

grenzenloser Mut ist gut um Weltmeister zu werden. Ein bisschen Respekt hilft beim Überleben.
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: Devil am Dezember 13, 2019, 18:54:10 Nachmittag
Hubsy, Klasse Beitrag.
Habe noch 2 Bilder aus dem Buch „Der Rallye Sport“.Habe die Bücher von Reinhard Klein geliebt.
Liebe Grüße Bernd
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 15, 2019, 21:59:42 Nachmittag
Freut mich, dass der Beitrag auf Interesse stösst :) - Da muss ich doch glatt weitermachen ;)!
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 15, 2019, 22:01:47 Nachmittag
Da haben wir was angefangen!

‚Einfach mal abhauen und wegsein‘ dachten sich die beiden Spezl. Einfach dem Alltag entfliehen, etwas anderes sehen, rauskommen, spontan sein, und etwas erleben, was einfach anders ist als sonst. So spontan wie früher, als die Jungs noch genug Zeit hatten aber meistens keine Kohle… im Sommer 2018 war das, und Italien sollte es sein. Auf dem Plan stand das Alfa Romeo-Museum in Arese/Milano und das Museo Nazionale dell’Automobile in Torino, sonst nichts – genug Platz für Spontanität.
Im Zuge der Recherche zu den Museen sind wir auf die Collezione Riposa in Beinasco gestoßen: Eine Halle voll mit Lancias jeden Alters und vieler interessanter Rallye-Autos – da müssen wir hin! Dumm nur, dass keinerlei Informationen zur Adresse zu finden war.

http://www.savelancia.it/?p=7066

https://www.youtube.com/watch?v=Uqvfnej7X5A

Egal, wir können ja auch einfach mal gucken gehen.


Am Tag 1 war Alfa Romeo in Arese angesagt, und bereits am Eingang war klar: das hier ist anders als all die Auto-Museen, die wir bislang gesehen hatten. Hier geht es um ganz viel Emotione, und um noch mehr Design! Die Ikonen Carabo und Tipo 33 kennt vermutlich jeder, aber in der Alfa-Geschichte gibt es so viel mehr Berauschendes.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_49_24.jpeg)

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_55_17.jpeg)

Zum Beispiel die monströsen 18-Zylinder-Flugzeugmotoren, den Disco Volante oder die tollen Formel 1-Autos.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_48_52.jpeg)

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_49_10.jpeg)

Meine persönlichen Favoriten sind der sportliche 8C 2300 MilleMiglia von 1932 und der grandiose, betörende 8C 2900 B Lungo von 1938!

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_49_40.jpeg)

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_49_52.jpeg)

https://www.museoalfaromeo.com/it-it/Pages/MuseoStoricoAlfaRomeo.aspx


Tag 2 in Turin. Vom Vortag noch ziemlich geflasht (neben dem Alfa-Museum gabs da eine da Vinci-Ausstellung, die Generalprobe zu La Cenerentola, der Mailänder Dom und einiges mehr…) haben wir uns auf die Suche nach der Riposa-Sammlung gemacht. So fahren wir in der Via Plava die Werkshallen von Fiat an. Komm, lass uns den Pförtner fragen, der weiß bestimmt, wo die Autos sind! Der Pförtner war eine attraktive uniformierte Italienerin, die sichtlich bemüht war uns zu helfen und trotz zweier Telefonate und angeregter Diskussion nicht herausfinden konnte, wo die Autos denn waren :(. So hatten wir es zumindest verstanden.

Schade halt. Wie auch immer, wir lassen uns unsere gute Laune nicht nehmen, und das Museo Nazionale dell’Automobili entschädigte vollauf. Nein, es entschädigte nicht, es ist schlicht der Hammer :D! Augenscheinlich ein Auto-Museum, ist es tatsächlich ein Geschichtsmuseum von ca. 1870 bis heute, das das Automobil als Vehikel nutzt. Unglaublich detailverliebt wird die Motorisierung der Gesellschaft dargestellt, mit allen Höhen und Tiefen – natürlich aus Sicht Italiens.

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_50_09.jpeg)

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_50_25.jpeg)

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_51_10.jpeg)

Wie der Trabant 601 bzw. die Zeit des kalten Krieges in Szene gesetzt ist bereitet mir noch immer ein Schauern: alles ist dunkel, und ums Eck bewegt sich ein Such-Scheinwerfer. Ein beklemmendes Gefühl von Angst, Gefangenheit und Unkontrollierbarkeit macht sich breit…

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_50_43.jpeg)

Gigantisch ist die begehbare Stadtkarte von Turin, auf der alle Adressen vermerkt sind, die irgendwann einmal etwas mit dem Thema Automobil zu tun hatten. Wenn es so etwas im Westentaschenformat gäbe :D!

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_15_12_19_9_50_58.jpeg)

Eieiei, ich komme schon wieder ins Schwärmen... der Trip war schlicht klasse ::)!

http://www.museoauto.it/website/index_de.html

Aber zurück zum Thema, lange Rede kurzer Sinn, wir haben schließlich keine Zeit ;D: die beiden Museen sind in jedem Fall eine Reise wert! Und so ein Freunde-Trip muss wiederholt werden. Und: wir haben Turin schlicht unterschätzt. Vermutet haben wir das schon, als wir am späten Nachmittag aus Turin rausgefahren sind. Turin ist nicht eine trostlose dreckige Auto-Stadt, wie wir vermutet hatten. Turin scheint mehr zu sein, viel mehr! Richtig bewusst geworden ist es uns aber erst, als wir wieder zu Hause waren. Was haben wir alles NICHT gesehen ???!
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 18, 2019, 23:32:29 Nachmittag
Das Beste kommt zum Schluss

…aber warum erzähle ich euch das? Ganz einfach: purer Narzissmus ;D! Quatsch – weil es 2019 eine Fortsetzung, nein, keine Fortsetzung, eine Steigerung gibt!
Wie im Jahr zuvor wurde kurz geplant. Pflicht: viel Platz für Spontanität. Kür: da gibt es einen Herren südlich von Turin, der Delta S4 neu baut, den könnten wir ja besuchen. Und wenn wir schon da unten sind könnten wir auch den Händler besuchen, der da ganz in der Nähe ist und unglaubliche Rallye-Autos anbietet. Ach ja, Lingotto, das frühere Fiat-Werk in Turin mit der ‚La Pista‘ auf dem Dach soll es sein. Und ein Kultur-Progamm in Turin – gehört eher zu Pflicht als Kür. Dann könnten wir ja noch ins Casa Martini, wenn wir schon in der Ecke dort sind. Sag mal, reichen 4 Tage? Ok, wir specken zwar nicht ab, sind uns aber bewusst, dass wir womöglich das eine und andere sausen lassen müssen.
Und es begab sich: die Spezl haben nochmal nach der Collezione Riposa recherchiert. Und -yippieh, wir habens entdeckt :): Fiat hat im April das ‚Heritage Hub‘ eröffnet, da stehen die Lancias - da müssen wir hin!

Tag 1
Wir fahren in die Nähe von Cuneo, und besuchen dort Luca. Der ist etwas jünger als wir, ziemlich erfahren im Rallye-Sport und hat sich dem Lancia 037 und Delta S4 verschrieben. Wir sind völlig perplex, als wir vor dem Anwesen stehen :o…

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_18_12_19_9_56_20.jpeg)

Die Pietät gebietet es mir, erst gar nicht zu fragen, ob ich fotografieren darf, so gibt’s vom Atelier keine Fotos. Das ist in den Endzügen des Umbaus, und sieht schon ganz chic aus. 2 S4 Stradale stehen da, die sind quasi im Kundendienst. Wie auch immer, wir haben keine Ahnung, ob es dafür einen Markt gibt, und erst Recht nicht wie er es macht, aber er reproduziert Teile für den 037 und den S4. Von der Zeichnung über den Gussrohling bis zum beispielsweise fertig bearbeiteten Zylinderkopf – und das mit einer Leidenschaft und einer Qualität, die wirklich Respekt verdient. Und nicht nur das, er baut die Autos komplett neu – den Delta S4 aus dem Nichts und den 037 wie Lancia es damals auch machte: auf Basis des Beta MonteCarlo. Je länger wir miteinander quatschen und je mehr wir uns kennenlernen, desto mehr springt der Funke über. Wir haben nicht das Gefühl, das wir Lucas Zeit rauben, vielmehr sieht es danach aus, als ob sich eine Freundschaft entwickeln wird. Er erzählt, dass er das Management der Ferien-Villa übernommen hat und plant, dort kulturbegeisterten und wohlhabenden Gästen besondere Autos näherzubringen und solventen Petrolheads die Schönheit des italienischen Lebensstils näherzubringen. Aber dazu an anderer Stelle mehr.

Tag 2
Wir haben wir ein kurzes Intermezzo bei einem Autohändler, der unglaubliche Autos anbietet. Hier steht ein Ford RS200, dort ein Tour de Corse, hier ein Ferrari 365, 2 Fiat 131 Gruppe 4, ein Delta S4 Corsa, er hebt eine Husse, unter der ein Ferrari 250 GTO steht – wir sind überwältigt! Scheinbar gibt es nicht nur Leute, die zu viel Geld haben, sondern auch solche, die zu viel Geld übrig haben… ‚I sell everything expect my wife!‘ sagt der Händler, und ‚you just need to have the money. That’s the only problem, of course not a small one, but it’s just one‘. Natürlich merkt er schnell, dass wir nicht zu seinem Klientel gehören, dementsprechend weist er uns darauf hin, dass wir bei einem Händler und nicht im Museum sind – fotografieren nicht erlaubt. Nach 10 Minuten sind wir wieder draußen, mit einem etwas schalen Nachgeschmack… richtig willkommen waren wir nicht.

http://www.autoieri.eu/

Sei‘s drum, beeindruckend war es dennoch.
Am Mittag fahren wir zurück nach Turin. Es ist Freitag, das Programm für den Nachmittag steht an sich schnell fest: erst zu dem Herrn, der seinerzeit den Delta S4 entworfen hat. Vorsorglich haben wir die Adresse des Designers auf unserer potential-to-do-Liste vermerkt, das blaue Buch ‚Delta S4‘ hat den Namen verraten, das Internet die Adresse. Anschließend ins Heritage Hub, vorsorglich am Freitag, nicht dass es am Wochenende doch geschlossen hat – wir würden uns bestimmt ärgern.

Wir stehen vor einer gepflegten, attraktiven Wohn-Anlage im nördlichen Turin, und leider funktioniert die Klingel nicht. Aber wir sind in Italien, also fragen wir den Nachbarn. Der ist sehr hilfsbereit und meint, er würde die Nachbarin fragen. Oh, das ist uns nicht wirklich recht! Doch, doch, das ist gar kein Problem, die Nachbarin ist Brunos Schwester. Also Brunos Schwester aus dem Haus geklingelt: wo ist Bruno? Die Dame, vermutlich Anfang 70, nimmt ihr Telefon und ruft ihn an. Niemand zu Hause, also geht sie zu dem Haus hinüber und schaut zu den Fenstern rein. Zwischenzeitlich kommt ein Auto in die Anlage gefahren. Der Nachbar meint ‚that’s his brother in law‘ und haut den Herren, auch Anfang 70 an: wo ist Bruno? Der Herr nimmt auch sein Telefon und ruft Bruno an. Hey Bruno, wo bist du? Hier stehen zwei Jungs, die haben ein blaues Buch von deinem Auto in der Hand und wollen dich sprechen! In der Tat, wir sind in Italien… nach einem kurzem Telefonat meint der Herr, heute wäre es schlecht, aber wenn wir morgen gegen Mittag nochmals vorbeischauen würde Bruno sich Zeit für uns nehmen. Wow :)! Das Angebot nehmen wir natürlich sehr gerne an!

Also bleibt der Nachmittag für das Heritage Hub. Wir fahren wieder quer durch Turin, und am Ende fahren wir in eine Straße, die uns irgendwie bekannt vorkommt... moment mal – das ist doch, nee, das kann doch nicht sein, doch das ist doch, ja, klar, das ist die Via Plava, hier waren wir doch letztes Jahr auch :o! Und es ist wieder die Pforte, an der wir letztes Jahr schon waren. Und abgewiesen wurden :(! Heute läufts anders, wir wissen ja, dass dort das Heritage Hub ist, außerdem ist es groß an der Halle angeschrieben. Und öffentlich ist es scheinbar auch. Ok, wo parken wir? Na, auf dem Gelände 8)! Wir fahren an die Pforte und der Pförtner springt schon fuchtelnd zu uns her. ‚You can’t park in here!‘ Als der Pförtner das blaue Delta S4 Buch auf Dirks Schoss sieht ändert sich seine Stimmung komplett: ‚Ah, Lancia Club? You are from the Lancia Club?‘ Ich höre Dirk ‚Si!‘ sagen. Völlig freundlich erklärt der Pförtner uns, dass wir außerhalb parken und wieder zur Pforte kommen sollen. Öhm… in uns kommt das Gefühl auf, genau hier, hier an dieser Stelle, vor noch nicht einmal 1 ½ Jahren, also genau hier, aber so etwas von angelogen worden zu sein ???! Die attraktive Pförtnerin letztes Jahr wusste ganz genau, wo die Autos stehen >:(! Und jetzt verstehen wir auch, dass sie am Telefon nicht wegen dem Standort der Autos diskutiert hat sondern ob wir sie sehen können. Stellt euch mal vor, die haben uns mitten ins Gesicht gelogen :o! Aber euch geben wir’s zurück, wir gehören nämlich gar nicht zum Lancia Club, ätsch :P!
Schmunzelnd und mit Besucherausweis gekleidet betreten wir die Halle und sind beeindruckt: 15.000 m² Stahlkonstruktion mit Shed-Dach und obenliegenden Versorgungsleitungen, riesengroß und mehr oder minder im originalen Zustand erhalten! Und voll mit Autos, unzählige Autos, alte, neue, schöne, noch schönere, gar nicht so schöne 1990er-Jahre ButterundBrot-Autos, edle Autos, grandiose Autos, einfach Unmengen an Autos :o!

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Nicht präsentiert wie im Museum, ob der schieren Menge an Fahrzeugen kommt eher der Charakter eines Depots auf. Was die Atmosphäre aber eher unterstreicht.

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Und da stehen sie, die ganzen Preziosen: MonteCarlo Turbo, LC2, Fiat Dino, Stratos, 131, Flaminia, Fulvia und wie sie alle heissen, wow :)!

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Und – Forza Lancia!, klar, natürlich, der Volksheld: eine ganze Armada Delta Integrales in allen möglichen Ausbaustufen und Beklebungen.

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Warum wir eigentlich hier sind… Delta Esse Quattro e Zerotresette, live, bunt und in Farbe :D!

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Wie ich den S4 so ansehe wird mir langsam klar, warum Bruno nur einen Auftrag von Lancia bekommen hat… schön ist wirklich anders ???. Je länger ich mir aber das Auto ansehe und all die Details erkenne, die ausschließlich auf ‚gewinnen!‘ designt sind kommt er mir gar nicht mehr so hässlich vor… aus hässlich wird kompromisslos. Und aus kompromisslos wird langsam schön. Nicht schön im Sinne von gefällig, nicht wohlproportioniert, nicht dem Auge schmeichelnd - sondern schön im Sinne von konsequent, von zielgerichtet, von vor Siegesabsicht strotzend.

Neben dem S4 steht die Gruppe S-Studie ECV, ganz anders als der S4, viel gefälliger, fast wohlproportioniert. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass der ECV trotz gelungenem Design nochmal um einiges mehr kompromissloser als der S4 ist.

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Mit etwas Anlaufschwierigkeiten freunden wir uns mit dem Sammlungsverantwortlichen an (hat er womöglich herausgefunden, dass wir nicht zum Lancia Club gehören >:D?) und dürfen jetzt ganz offiziell näher an die Autos ran ::).

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Ich schaue mir nochmal die beiden Straßen-Versionen der Rallye-Ableger an. Der 037 ist im Serientrimm ein richtig schnuckes Auto, gefällt mir wirklich sehr gut! Ok, der lange Radstand irritiert das Auge etwas. Aber die fließende, kompakte Form hat etwas. Daneben der S4. Warum nur wurde der bloß in einem so komischen rotbraun angeboten? Italienische Sportwagen müssen doch rot sein, oder?

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Ein paar letzte Aufnahmen, als die tiefstehende Sonne durch die Fensterfront scheint. Fast so, als wollte sie den einstigen Rennsportgrößen noch einmal zu ihrem früheren Glanz verhelfen. Wir sind geflasht :D!

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https://www.fcaheritage.com/de-de/heritage/locations/heritage-hub


Doch es geht weiter im Programm: Lingotto und La Pista. Das Gebäude ist riesengross, und da geht es am Nord- und Südende tatsächlich eine Rampe hoch und oben ist ein Oval mit zwei Steilkurven auf dem Dach :o! Wir fragen uns: warum macht man so etwas? Warum, wenn doch zu der Zeit, als das Gebäude erstellt wurde ringsum genug unbebautes Land zur Verfügung stand? Wir können es uns nur so erklären: es war schlicht, um der Welt zu demonstrieren, wie fortschrittlich Fiat ist.

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In der Shopping Mall steht ein Integrale: welch ein Zufall - der Delta-Club veranstaltet seinen Christmas-Day auf der La Pista. Am Sonntag. Müssen wir da vielleicht ::)…?

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Tag 3
Pünktlich als wären wir Deutsche stehen wir um 11:00 Uhr mit dem blauen Lancia-Buch wieder vor Brunos Haus. Heute ist es anders als gestern, das Haus ist belebt. Wir werden erwartet und empfangen, als wären wir Freunde seit eh und je. Neben Bruno steht ein junger Mattei und stellt sich in sehr gutem Englisch als Sohn von Bruno vor. Bruno selbst spricht kein Englisch, so hat er seinen Sohn als Live-Dolmetscher gebucht - diese Aufgeschlossenheit Fremden gegenüber ist schlicht unglaublich… wir werden ins Brunos Atelier gebeten, auf dem Schreibtisch liegt auch ein blaues Lancia-Buch, in den Regalen stehen S4-Modele, auf dem grossen Tisch liegt die Mappe mit all den Zeichnungen und Skizzen des Projekts 038. Wir kommen ins Gespräch, stellen uns vor und erläutern, warum und wie wir hierhergekommen sind. Was für uns nichts allzu großes ist, schließlich machen wir ja einen Freunde-Trip an dem alles möglich sein kann, scheint Bruno in seiner Arbeit zu bestätigen. Bruno kommt ins Reden, erzählt, dass er in den 1970er Jahren bei  Pininfarina und Giugiaro gearbeitet hat bis er sich um 1980 selbstständig gemacht hat. 1983 wurde er von Lancia angefragt, ob er das Projekt 038 zeichnet. Eigentlich hätte Pininfarina den Auftrag machen sollen, denen war das gesteckte Zeitfenster von wenigen Monaten aber zu eng und so lehnten sie ab – und Lancia stand ohne Design da. Bruno willigte ein, wie er erzählt, und der Auftrag hat nur wenige und hauptsächlich technische Rahmenbedingungen: Radstand, vielvielviel Luftzufuhr im hinteren Bereich des Fahrzeuges, und weiterhin Grill, Fronthaube und Windschutzscheibe vom Serien-Delta. Bruno schmunzelt: dass der 1. Prototyp dunkelblau-metallic war ist uns bestimmt schon aufgefallen, oder? Stimmt eigentlich, italienische Rennautos sind immer rot. Oder weiß, wenn Martini Racing die Finger irgendwie drin hat. Aber der Prototyp des Delta S4 war dunkelblau. Und dazu müssen wir in der Zeit und den technischen Möglichkeiten etwas zurück gehen: Entworfen hat Bruno wie üblich mit schwarzer Tusche, und vervielfältigt wurde der Entwurf mittels Blaupause. Und Blaupausen sind, deshalb der Name, blau. Was geschah? Bruno hat die Blaupausen ins Werk gebracht, und damit war für Luigi und Pietro aus der Lackiererei klar: wenn der Designer sagt 'blau!', dann meint er 'blau!'. Und lackierten eben blau. Mattei bremst Bruno ein, er kommt mit Übersetzen nicht mehr hinterher, so ist Bruno am erzählen ;D. An einem anderen Tag fährt Bruno wieder ins Werk, um seinen Entwurf vom Fiat-Vorstand abnehmen zu lassen – an die Namen der anwesenden Herren kann Bruno sich nicht mehr erinnern, aber es waren die Ranghöchsten - womöglich war Giovanni Agnelli selbst zugegen… Der dunkelblaue Prototyp wird begutachtet, und offenbar ist keiner der Herren von dessen Erscheinung angetan. Einer der Herren meinte, dass der Entwurf wegen seiner dreieckigen Hutzen links und rechts am Kragen aussehen würde wie eine Nonne. Worauf ein anderes hohes Tier entgegnete: ja, aber eine vom Land. Wäre sie aus der Stadt hätte sie Stil :o. Und damit war das Design abgenommen ;).
Bruno blättert in seiner Mappe, und zeigt uns die ganzen Entwürfe vom Exterieur und Interieur, da das Rallye-Auto viele Instrumente haben musste beispielweise sollte das Cockpit sehr glattflächig sein um diese frei positionierbar anbringen zu können. Er erzählt über den Dachaufbau des S4, dass es seine Idee war, die Hutze beweglich zu machen: So kann man sie beim Straßenauto zugunsten der Optik ganz unten halten und beim Rennauto für die Frischluftzufuhr ganz aufstellen. Bruno erzählt und erzählt, dabei schaut er sich einen Entwurf des Autos von außen an und meint etwas gedankenverloren: ich kann mir heute nicht mehr erklären, warum ich damals Marone als Farbton verwendet habe… Das Bild des Stradale-S4 aus dem Heritage Hub vor Augen und die Geschichte der Blaupause vom Prototyp noch im Ohr läuft unweigerlich Kopfkino ab ;): Luigi und Pietro hatten in der Lackiererei nur ausgeholfen, tatsächlich waren sie im Marketing angestellt ;D!

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Zwei Stunden waren wir bei Bruno und Mattei, und als wir uns verabschieden fühlt es sich an, als hätten wir zwei langjährige Freunde besucht. Die Art, mit der uns begegnet wurde, der Respekt füreinander und die Aufgeschlossenheit der beiden ist nicht zu beschreiben. Grazie Mille :)!

https://de.wikipedia.org/wiki/Cyanotypie
http://www.giardinodesign.com/


Tag 4
Heute ist 1. Advent. Obwohl das Fiat-Museum nur sonntags geöffnet hat entscheiden wir uns für ein kleines Kulturprogramm. Im Casa Martini geht es um die Geschichte des Weins, um italienischen Lebensstil, und, klar, um Martini. Das Museum befindet sich in den alten Gewölbekellern des Firmengebäudes und spannt die Geschichte von griechischen Amphoren über alle möglichen Utensilien des Weinkelterns bis zu allem, was rund um das Weinkeltern dazugehört, beispielsweise das Küfer-Handwerk.

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Naja, ganz ohne Autos geht’s halt doch nicht ;)…

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Zurück nach Lingotto, nochmal auf die La Pista und gucken, was die Delta-Jungs auf die Beine stellen. Leider regnet es, dennoch stehen 40 Integrales in Reih und Glied. Die Hoffnung, unter den Deltona-Clubbern jemanden zu finden, der irgendwas mit dem S4 am Hut hat, erfüllt sich leider nicht. An sich schade, aber enttäuscht sind wir deshalb aber nicht. Hätte ja sein können…

(https://www.renault5turbo.de/forum/gallery/21_18_12_19_10_55_28.jpeg)

http://www.deltona.it/deltona/home-deltona-community/


Wieder zurück zu Hause fühlen sich die folgenden Tage im Büro irgendwie leer an. Trotz des völligen Eindrücke-Overkills - oder vielleicht gerade deswegen - ist der Kopf klar und die Gedanken zielgerichtet. Die Arbeit geht gut von der Hand, obwohl das Hirn gefühlt noch 800 km südlich des Körpers ausgelagert ist. Schätzungsweise müssen wir spätestens nächstes Jahr nochmals nach Italien fahren um es uns wieder einzuverleiben… Bella Italia, amore mio :)!
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Dezember 18, 2019, 23:47:46 Nachmittag
Und so beende ich meinen Bericht rund um den tragischen Unfall von Henri Toivonen und Sergio Cresto und über die wilde Gruppe B-Zeit.
Was ich beileibe nicht leugnen kann ist, dass das Auto-Hobby mein Leben bereichert. Was sich früher rein auf das Auto konzentriert hat ist längst ein breites Feld an Interessen geworden, hat viele Freundschaften hervorgebracht und mir viele bleibende Erinnerungen beschert. Es kostet natürlich viel Geld - hier aber ist nicht der Preis entscheidend, hier ist es der Wert, an dem ich mich immer wieder gerne festhalte!

Euch allen eine tolle Weihnachtszeit :)!

LeCar5
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: tempusfugit am Dezember 19, 2019, 00:49:35 Vormittag
leck mich am Arsch Hubsy, Du bist nicht ganz dicht
Was Du da mitteilst ist megamegamega
danke
Als freier Journalist im Automobilbereich wärst Du unschlagbar, fundiert, gewissenhaft, ehrlich und emotional spannend zu lesen.

Danke Hubsy
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: Devil am Dezember 19, 2019, 23:22:46 Nachmittag
Hubsy bitte noch eine Geschichte, sensationell.
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Januar 24, 2020, 17:37:59 Nachmittag
Wie passend :):
https://otto-models.com/en/ot349/624-pack-rallye-monte-carlo-1986-lancia-delta-s4-grb.html
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am Januar 25, 2020, 16:48:12 Nachmittag
Und noch was: heeltread hat grad Winter Sales, heisst bis zu 50% auf einige Socken :):

https://de.heeltread.com/collections/winter-sale

Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: daniel ch am Juli 30, 2020, 22:36:10 Nachmittag
Theorien


Theorien zum Unfall von Henri und Sergio gibt es mehrere.

In diesem Interview mit Henris Bruder Harri wird die Theorie vom "hängenbleiben des Gaspedals" beschrieben.

http://overdrive.in/news-cars-auto/features/wrc-remembering-henri-toivonen/ (http://overdrive.in/news-cars-auto/features/wrc-remembering-henri-toivonen/)

HT: I have heard from the different people, very trustworthy people in Lancia, what really happened. The throttle stuck open. It had happened to Henri in the Swedish Rally in the test that the clutch pedal stuck on the floor, and I heard that that happened to Markku Alen's throttle immediately after Giorgio Pianta had been testing an S4 when the throttle went through the floor and was stuck. The mechanic who was sitting next to Markku immediately turned off the emergency switch, otherwise they would have had a big accident.

Man bemängelt ja das keine Bremsspuren sichtbar waren...Mir ist mal an einem alten 911er das Gaspedal hängen geblieben, bemerkt habe ich das beim bremsen und bis ich ausgekuppelt habe hat es zwei dicke mindestens 30 Meter lange Striche am Boden gegeben die mich noch Monate später an den unangenehmen Vorfall erinnert haben....der 911er ist aber ein Hecktriebler der vorne leicht ist...während vorne die Räder stillstehen wird von hinten kräftig noch geschoben...beim Delta S4 hingegen handelt es sich um einen Allradler beim dem mit offen gebliebener Drosselklappe über 500PS alle Räder antreiben und keines stillsteht und somit auch keine deutliche Bremsspuren sichtbar bleiben würden........
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am August 02, 2020, 11:17:28 Vormittag
Ja, von der Theorie des hängenbleibenden Gaspedals hab ich auch schon gehört. Und dass es in diesem Fall beim S4 sicherlich gar nichts bringt, auf die Bremse zu treten ist naheliegend. Wahrscheinlich würde der Motor nur müde über die zusätzliche Last, die Bremswirkung aufzuheben, lächeln...
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: lecar5 am März 16, 2022, 23:56:39 Nachmittag
Warum auch immer hab ich mir den Podcast 'Alte Schule' auf den ipod geladen und höre beim Autofahren jetzt spannende und interessante Geschichten von irgendwelchen Menschen, die in irgendeiner Weise eine Verbindung zum Auto haben, seien es Rennfahrer oder Konzernchefs oder Kommentatoren - ich kann's echt empfehlen :)!
Christian Geistdörfer hat in der Folge heute etwas gesagt, was vielleicht nicht der direkte Grund für den Tod von Toivonen und Cresto ist, was er aber erzählt hat ist von der Tragweite wahrscheinlich viel grösser als Toluol, versagenden Bremsen oder ein blockiertes Gaspedal ... hört es euch selbst an, bei 2:02:32 gehts los:

https://www.youtube.com/watch?v=-xwDiCnbC2A

Den Podcast könnt ihr z.B. über itunes laden, auf youtube findet ihr die  Folgen auch. Internet-Site ist hier: https://www.alteschule.tv/

CU, LeCar5
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: daniel ch am März 17, 2022, 22:55:12 Nachmittag
Danke Hubsy, interessanter Beitrag und diese Klausel vom Vertrag kannte ich nicht. Ich bin aber überzeugt das Toivonen  auch ohne die Androhung die ganze Gage der Saison zu verlieren in Korsika gefahren wäre. Ein richtiger Rennfahrer will gewinnen, er wollte Weltmeister werden. Die Grippe war sicher nichts gutes bei einem so anstrengenden und langem Rallye wie die Tour de Corse aber ich bleibe beim Gaspedal und erst recht wenn ich die Bilder von der "Unterlagscheibe" die als Anschlag für das Gaspedal angeschweisst war, es läuft mir eiskalt den Rücken hinunter wenn ich mir vorstelle wie der Anschlag durch die Kevlar Bodenplatte gedrückt wird und hängen bleibt....
Titel: Re: 1 Jahr und 4 Stunden
Beitrag von: Timmy671 am März 18, 2022, 10:06:45 Vormittag
Gewagte Lösung.
Da ist die Variante mit dem hängenden Gaspedal sehr plausibel.