Hi Folks,
letztes Wochenende war wieder RetroClassics-Wochenende in Stuttgart… naja, und da es ja fast schon Tradition hat, dass ich hier kurz berichte und meinen Senf zum besten gebe, und da unser eigener Messeauftritt schon 10 Jahre her ist (wie die Zeit vergeht
:
https://www.renault5turbo.de/forum/index.php?topic=796.0) und überhaupt: so auch dieses Jahr ein paar Impressionen und mein vielleicht etwas kritischer Standpunkt zur Messe
.
Das Tagesticket kostet online zwischenzeitlich 18, vor Ort gar 20 Euro. Ob das viel oder wenig ist sei dahingestellt, vor 10 Jahren gab es noch keine online-Option und das Ticket kostete 14 Euro. Also eine Preissteigerung von 6 Euro oder 43% binnen 10 Jahren oder linear auf die Jahre gebracht 4,3% p.a.
. Bringe ich die Entwicklung der Inflationsrate in Deutschland zum Vergleich zeigt sich, dass Oldtimer-Liebhaber bereit sind, für ihr Hobby auch deutlich über Gebühr zu bezahlen – der Verbraucherpreisindex ist von 2009 98,9 auf 2018 111,4 gestiegen, was einer Steigerung von 13% binnen 10 Jahren oder linear auf die Jahre gebracht 1,4% entspricht (
https://www.finanz-tools.de/inflation/inflationsraten-deutschland). 4,3% im Speziellen zu 1,4% im Allgemeinen, das finde ich schon eine Ansage… Eigentlich aus einer Blödelei heraus habe ich vorgeschlagen, ein Auto ausserhalb der Messe zu Parken um nur für 1 Fahrzeug Parkplatz-Gebühr zu bezahlen. Im nachhinein zahlt es sich aus, auch in Schwaben Schwabe zu sein: 17 Euro von 9:00 bis 18.00 Uhr
. Soll heissen, ohne dass Schwabe einen Most trinkt und eine Maultasche isst sind für den Messetag 35 Euro zu berappen.
Dafür wird natürlich etwas geboten. Bis auf eine Halle waren alle Hallen gefüllt. Auffällig dieses Jahr war, dass doch einige Standflächen mit Dingen belegt waren, die für mich nur mit wirklich ganz viel Phantasie mit dem Thema klassische Fahrzeuge in Verbindung zu bringen sind. An Stände, die Life-Style-Produkte wie Whirlpools oder schwülstige Möbel feilbieten mag ich mich vielleicht noch genauso wie die amerikanischen Barbiers gewöhnen können, aber bitte – was soll ein geschätzt 300 m² grosser Bundeswehr-Stand mit Jogis in Camouflage-Overalls auf einer Oldtimer-Messe
?! Wahrscheinlich bin ich zu viereckig für diese Art des Cross-Sellings...
Autos gab es aber auch und tatsächlich massenweise, wenngleich die tollen Geräte wie beispielsweise der ‚Mampe‘-SLC dieses Jahr meiner Ansicht nach unterrepräsentiert waren.
Über die Landplage Porsche und Mercedes komme ich wahrscheinlich nicht herum zu berichten, 1/3 der ausgestellten und angebotenen Autos der beiden Marken wäre längst genug. Wahrscheinlich ist dies ein regionales Thema, in Bremen, Köln oder auch in Essen sieht’s bestimmt anders aus. Darunter gibt’s auch stimmige Konzepte, zu RestroMods mag man stehen wie man will, ich finde, die Dinger haben Stil
. Mich sprechen sie an.
Alpina-BMWs gab es auffällig viele, bemerkenswerterweise viele in weiss… mein Favorit wäre der C2 2,7.
Der Corvette-Geiger hatte einen wirklich riesengrossen Stand, schätzungweise 1/3 einer Halle. Nicht nur, dass er einiges an Autos zeigte, er hatte mit der Gulf-Tankstelle wie ich finde auch einen tollen Auftritt
- im Bild ist er übrigens rechts zu sehen.
Einen wirklich verschwenderischen Stand hatte ein Partner, der Unterstell- und Erhaltungsservice anbietet, quasi wellness fürs Auto. Wenn auch zwei tolle Exponate geboten waren, zwei Autos auf geschätzt 200 m² zeigen eindeutig, dass es weniger ums Auto als ums Geschäft geht.
Mercedes kann sich natürlich beim Heimspiel nicht lumpen lassen, Blitzen-Benz, Silberpfeil und CLK Gruppe C (?) stehen für 125 Jahre Motorsport. Schön war die Art, wie die verfügbaren Ersatzteile für den 190 SL repräsentiert waren.
Toll waren auch die Gespanne, die einfach und wirksam in Szene gesetzt sind. Mit wenig Requisiten ist eine Start-Aufstellung nachgestellt, die keine weitere Dekoration benötigt - Daumen hoch
!
Kunst gab’s auch, sowohl klassisch als auch handwerklich.
Nochmals BMW, dieses Mal ohne Alpina. Da ich mich mit dem Typ e30 ein bisschen beschäftige und etwas über die aktuell aufgerufenen Preise war ich doch sehr über die selbstbewussten Preisvorstellungen der auf der Messe angebotenen Autos verwundert…
325i Cabrio last edition, rund 50 tkm in toller Farbkombi Macaoblau Metallic/weiss und bestimmt sehr gutem Zustand – 75 kEUR
!
M3 Evolution, 145 tkm ebenfalls in Macaoblau Metallic, 111 kEUR
!
Auch das hier lässt Raum für Interpretation. Zumindest dahingehend, ob das fertige Ergebnis tatsächlich noch Oldtimer oder doch schon RestoMod ist… Porsche 356 pre-A, Preis inklusive Restauration auf Anfrage.
Zu Ford kann man stehen wie man will, der hier ist cool:
Porsche sind auf der RetroClassic wirklich eine Plage. Das Porsche-Museum ist dennoch immer ein Hingucker, dieses Jahr feiert der 917-001 zum zweiten Mal Premiere (
https://www.auto-motor-und-sport.de/oldtimer/porsche-917-001-retro-classics/)
Und die Porsche-Männer und -Frauen lassen sich immer etwas einfallen, dieses Jahr war es der virtuelle Aufbau eines 356 für die Kids. Der junge Herr ist gerade mit der Lackierung beschäftigt:
Von dieser Guilietta SZ hier habt ihr vielleicht kürzlich gelesen (
https://www.auto-motor-und-sport.de/oldtimer/alfa-romeo-giulietta-sz-1962-garagenfund-turin/)
Leider konnte das Auto nicht richtig wirken, es war förmlich eingepfercht zwischen all den Ferraris auf dem Stand – ein weiteres Indiz, woran man erkennt worum es bei der RetroClassic tatsächlich geht: ums Geschäft bzw. ums Geld. Die Stände sind teuer, also packen die Händler so viel drauf als möglich. Natürlich verständlich, dennoch einfach nur schade – weniger wäre auch in diesem Fall mehr.
Was gab es sonst noch? Ach ja, die Alpine Freunde hatten eine neue 110er stehen, ein schönes Auto wie ich meine.
Und Schönes gab es für denjenigen Jungen im Mann, der sonst schon alles hat. Die Sessel hier sind klasse und und für mich absolut richtig auf einer Messe für klassische Fahrzeuge – da sie das Thema Auto letztlich nur konsequent zu Ende denken.
Bei dem Kicker hier bin ich mir da nicht so sicher
...
Spielt für mich in dem Fall keine Rolle, den find ich einfach geil
! Vielleicht wegen dem Schreiner in mir…
Fazit: wie wünsche ich mir doch die Zeit zurück, als die RetroClassics noch auf dem alten Messegelände am Killesberg war. Die Messe war seitens der Gebäude-Infrastruktur eine völlige Katastrophe, nicht improvisiert aber total imperfekt. Da gab es noch die kleinen Händler zuhauf, die sich einen Messeauftritt leisteten, da gab es noch die Möglichkeit, pfiffiges Werkzeug und gute Pflegeprodukte in wirklich guter Qualität zu vernünftigem Geld zu kaufen. Heute ist die Messe fast nur noch versnobbt, mir scheint als dass das Thema klassische Fahrzeuge den Zenit überschritten hat und in Dekadenz verfällt. R5MaxiTurbo und sich sind uns einig: klar gab es das eine und andere Highlight, der richtige Brenner aber fehlte. Die Clubs, die die Messe einst ausmachten werden jährlich weniger, die freigewordenen Flächen werden durch grosse Hersteller oder Händler belegt, die perfekt restaurierte oder ungerechtfertigt teure Autos ausstellen und anbieten. Patinierte Fahrzeuge sucht man fast vergebens, selbst Vorkriegsfahrzeuge haben perfekte Lackoberflächen mit Glanzgraden, die einem Spiegel gleichen. Handwerkskunst wie beispielsweise perfekte Sattlerarbeiten oder Blechbearbeitung gibt es nach wie vor noch, der Trend geht zum Erhalt der originalen Substanz. Dementsprechend tummeln sich immer mehr Dienstleister, die sich beispielsweise um die Aufbereitung verschlissener Lederausstattungen kümmern. Ob die Ergebnisse langfristig von Dauer sind bleibt offen – mir scheint, als ob es mehr um den schnellen Euro als um Beruf aus Berufung und Leidenschaft geht. Das Oldtimer-Klientel ist interessant, das Geld sitzt locker und das Preisniveau in jeglicher Hinsicht ist hoch. Ob es der Leder-Klinik tatsächlich um die Qualität ihrer Produkte geht vermag ich nicht zu beantworten, das Auftreten jedenfalls gleicht eher der Belegschaft eines SPA-Hotels...
Vielleicht liegt es auch daran, dass wir mittlerweile zu viel gesehen haben und einfach satt sind. Vielleicht aber ist auch ein Szenenwechsel nötig –Auto d’Epoca in Padua oder AutoMotoRetro in Turin bieten möglicherweise die vermisste Hemdsärmligkeit. Italienische Lebensart jedenfalls wäre sicher. Und teurer als Stuttgart können sie kaum sein.
CU, LeCar5